Veröffentlicht am 05.01.2008 Show
Herrscher waren sie sicherlich nicht, sondern wohl eher Priester und Sternendeuter. Und sie kamen aus Babylon. Eine historische Spurensuche
Sonntag ist ihr Fest: Die Heiligen drei Könige. Nach dem Matthäus-Evangelium kamen sie als Weise oder Sterndeuter aus dem Osten, um dem neugeborenen Jesus Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben darzubringen, weil sie "seinen Stern hatten aufgehen sehen". Aber wer waren diese Gelehrten, von denen der römische Kirchenschriftsteller und Schöpfer der lateinischen Kirchensprache Tertullian Anfang des 3. Jahrhunderts sagte, sie seien fast wie Könige aufgetreten. Woher kamen sie? Waren es wirklich nur drei? Inzwischen können Historiker den Weg und die Geschichte der berühmtesten Geschenküberbringer der Menschheit gut nachvollziehen. Ihr Wissen, was am Dreikönigstag tatsächlich geschah, beziehen sie aus historischen Schriften, aus der Kirchengeschichte, aus Ausgrabungen und vor allem - aus der Astronomie. Viele Details der Dreikönigstagsgeschichte verraten auch Künstler. So sind auf Wandgemälden der Santa-Domitilla-Katakombe vier Könige zu sehen, andere Maler genehmigten sich sogar bis zu acht der Herren. Nicht nur daraus schließen Experten heute: Die heiligen Drei sind auf keinen Fall zu dritt, sondern möglicherweise als achtköpfiger Trupp unterwegs gewesen. Die magische Zahl Drei gesellte sich erst im Mittelalter zur Legende dazu. Ihre Symbolkraft war damals kaum zu übertreffen: So glaubten die Menschen im 14. Jahrhundert, die Welt bestehe aus den drei Kontinenten Europa, Asien und Afrika. Aber nicht nur die Geschichte der Zahl Drei hilft Historikern, dem wahren Kern vom Dreikönigstag auf die Spur zu kommen. Aufschlussreich sind auch die Gaben, die die Gelehrten mitgebracht haben sollen: Gold, Weihrauch und Myrrhe. Fest steht: Die drei Gaben waren nicht einfach nur Geschenke. Es waren vor allem Mythen. Denn schon seit dem Altertum gilt Gold als angemessenes Geschenk für einen König, Weihrauch für einen Priester, und Myrrhe ist eine Heilpflanze. Experten schließen daraus, dass es nicht die rätselhaften Fremden an der Krippe waren, die auf diese Weise Jesu Rolle als kommender König, Hohepriester und von Gott gesandter Arzt und "Heiland" vorbereiten wollten. Sondern die Bibelschreiber. Auch das Datum des Dreikönigstages verdanken wir der katholischen Kirche. Tatsächlich sind die drei Weisen wahrscheinlich schon am 12. November des bewussten Jahres in Jerusalem eingetroffen - zumindest, wenn man nach der von Ferrari d'Occhieppo populären Interpretation des Sterns von Bethlehem als dreifaches Zusammentreffen der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische im Jahre sieben vor unserer Zeitrechnung geht. Die Tradition des Dreikönigsfestes geht dagegen zurück bis zur Antike. Bei den Griechen war es Brauch, den Gott Dionysos und die Verwandlung von Wasser in Wein zu feiern. Die Römer taten das für den Saturn sieben Tage lang. Von ihnen stammt der Begriff "König des Festes". Und die geheimnisvollen Fremden von Bethlehem? Die Hauptpersonen des Dreikönigstages? Woher kamen sie? Experten sind sich sicher: Es müssen Babylonier gewesen sein. Im Osten von Jerusalem lag das Zweistromland von Euphrat und Tigris mit der Hauptstadt Babylon, frühere Weltstadt und Hochzivilisation, deren Glanz zurzeit Jesu Geburt längst verblasst war. Mit Ausnahme einer wissenschaftlichen Disziplin, die sich die Babylonier bis in jene Zeit bewahrt hatten: Die Sternenkunde. Und so steht fest: Die berühmten Abgesandten müssen Sternenkundler gewesen sein. Beseelt von astrologischem Wissen begaben sie sich auf die Reise nach Bethlehem. Keine der damaligen Kulturen verstand sich auf Astronomie und Astrologen so gut wie die Babylonier. Ihr Wissen bildete neben dem der Ägypter das Fundament der griechischen und römischen Himmelskunde. Die Menschen pflegten ihr Wissen aus gutem Grund: Die babylonische und ägyptische Zivilisation waren in ihrem Wohl und Wehe von den Überschwemmungen der großen Flüsse abhängig. Es galt genau zu verstehen, wann sie eintrafen, um die den fruchtbaren Schlamm enthaltenen Fluten kanalisiert auf die Felder zu verteilen. Doch dazu war ein genauer Kalender notwendig, der nur durch die genaue Beobachtung des Himmels zu erhalten war. Ihn zu erstellen lag in den Händen der Priester und damit auch die Sternbeobachtung. Die Wanderung von Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn wurde als Ausdruck des Willens der Götter angesehen. Um deren Lauf verfolgen zu können, begannen die Sumerer im Süden des Landes vor rund 7000 Jahren Terrassen anzulegen. Im Laufe der folgenden Jahrtausende vergrößerten sich diese Bauten, Terrassen kamen hinzu und potenzierten Höhe und Umfang der Sternentürme: Der legendäre "Turm zu Babel" wurde geschaffen. Seinen Ruhm verdankt er der Bibel, legendär die Geschichte von der Babylonischen Sprachverwirrung. Dank der Grabungsarbeiten des deutschen Archäologen Robert Koldewey wissen wir, dass es den Turm zu Babel tatsächlich gegeben hat, und zwar als Mittelpunkt einer Tempelanlage, deren Fundamente er 1913 freilegte. Nach Herodot hatte der Turm eine Grundfläche von 91,48 mal 91,66 Meter und eine Höhe von 91 Meter. Den Abschluss bildete ein Tempel. "Dort steht ein breites Ruhebett mit schönen Decken", berichtet der griechische Geograph und Geschichtsschreiber. "Aber kein Götterbild ist dort errichtet, und kein Mensch verbringt dort die Nacht, außer einer Frau aus Babylon. Sie hat sich der Gott vor allen auserwählt." Vermutlich spielt Herodot mit diesen Zeilen auf die Sitte der Heiligen Hochzeit an, die beim alljährlichen Neujahrsfest zu Ehren des Stadt- und Reichsgottes Marduk gefeiert wurde, und zwar durch die Vereinigung des Königs mit einer Priesterin als Symbol für die Erneuerung der Natur. Gleich nebenan müssen die Priester die Sterne beobachtet haben. Gut möglich, dass von dort aus der Stern von Bethlehem erstmals entdeckt wurde. Astronomie und Astrologie waren für die Bewohner Mesopotamiens untrennbar miteinander verbunden, und nur die Priester durften diese Geheimwissenschaft studieren. So verwundert es nicht, dass diese Kaste eine ungeheure Macht im Staate besaß und damit auch über das Wohl und Wehe des Herrscherhauses entscheiden konnte. Wie stark deren Stellung war, zeigt auch die Äußerung eines Priesters, der schrieb: "Der König ist ungeduldig wegen der langen Fastenzeit und fragt an, ob der neue Mond noch nicht erschienen sei!" So waren es denn auch die "Heiligen Drei Könige", die zum neugeborenen Jesus kamen, babylonische Priesterastronomen, denn nur sie konnten die als Zeichen dienende Dreifache Große Konjunktion der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische im Jahr 7 vor Christus vorausberechnen. Zwar verdichten sich Indizien, nach denen die Sternkundigen aus Palmyra im heutigen Syrien gekommen seien, denn Stoffreste aus dem Kölner Dreikönigsschrein sind fast identisch mit gut erforschen palmyrischen Geweben aus den fast 2000 Jahre alten Grabtürmen vornehmer Familien, weiterhin liegt neben der Stadt ein Berg, von dem man aus gut astronomische Beobachtungen vornehmen konnte, und schließlich wäre mit Rennkamelen Jerusalem schnell zu erreichen gewesen und nicht erst nach monatelangen Strapazen - und dann passt der Rest der Handlung nicht mehr. Die Geschichte vom Dreikönigstag: Eine Legende - und ein wahrer Kern. Es gab sie wirklich, jene Fremden an der Krippe. Sie sahen die Sterne, sie machten sich auf die Suche - und sie kamen ans Ziel. Der Rest ist Legende.
Erzbischof Rainald von Dassel brachte im Jahre 1164 die Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln; deren Reliquienschrein im Kölner Dom wurde zu einem der großen europäischen Pilgerziele. Legende und KultausbreitungDie Geschichte der Heiligen Drei Könige Kaspar, Melchior und Balthasar beginnt mit dem Matthäus-Evangelium (Mt 2, 1-12): Danach kamen drei Weisen aus dem Morgenland, um das neugeborene Kind zu Bethlehem anzubeten. Als Könige werden die drei – die Magier, Astrologen oder Sterndeuter gewesen sein mögen – erstmals im 3. Jahrhundert bezeichnet. Die Dreizahl erschließt der Kirchenlehrer Origines (185-254) aus den dargebrachten Gaben Gold, Weihrauch und Myrrhe. Die geläufigen Namen Kaspar, Melchior und Balthasar bilden sich im 8. und 9. Jahrhundert endgültig heraus. Den Überlieferungen nach ist Kaspar der älteste, Balthasar der mittlere und Melchior der jüngste König. Die Drei Könige versinnbildlichen die drei damals bekannten Erdteile Europa, Asien und Afrika. Ferner repräsentieren sie die drei Lebensalter Jüngling, Mann und Greis. Die Weisen bringen Gold, Weihrauch und Myrrhe. Mit der Gabe von Gold wird Jesus durch das Kostbarste auf Erden geehrt und als Gottes Sohn anerkannt. Myrrhe verweist durch ihre Bitterkeit und ihre heilende Wirkung auf Leiden und Tod Christi, aber auch auf Auferstehung und neues Leben. Der Weihrauch, der als Gottesduft gilt, weist auf die Göttlichkeit des Beschenkten hin. Die Reliquien der Heiligen Drei Könige soll Helena, Mutter des römischen Kaisers Konstantin I., gefunden und nach Konstantinopel gebracht haben. Die Reliquien gelangten offensichtlich erst im 12. Jahrhundert nach Mailand. Nach der Eroberung der Stadt durch Kaiser Friedrich I. (Regierungszeit 1152-1190) überführte der Reichskanzler und Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien nach Köln, wo sie am 23.7.1164 ankamen. Der Dreikönigenschrein zur Aufbewahrung der Reliquien, eines der bedeutendsten Goldschmiedewerke des Mittelalters, entstand zwischen 1180 und 1230. Mit dessen Gestaltung ist der Name des Goldschmieds Nikolaus von Verdun (auch Meister von Verdun genannt) verbunden. Die Vorderseite zeigt die mit dem Kinde thronende Maria, links die sich nähernden Heiligen Drei Könige. Entnommene Reste der Gewebe, in denen die Gebeine eingehüllt waren, erweisen sich als antike Seidenstoffe aus dem Orient, was ein bis in biblische Zeit zurückreichendes Alter der Reliquien belegen mag. Die Translation der Gebeine der Heiligen Drei Könige nach Köln löste den Dreikönigskult aus. Von der Domstadt aus verbreitete sich die Verehrung der Heiligen Drei Könige über das Abendland. Nachhaltige Förderung erfuhr die Verbreitung des Dreikönigskults durch die „Legende von den Heiligen Drei Königen“ („Historia Trium Regum“), die der Karmelitermönch Johannes von Hildesheim (um 1310/1320-1375) zum 200. Jubiläum der Reliquientranslation verfasste. Das große Echo im europäischen Raum erhob die Ruhestätte der Dreikönigsgebeine zum viel besuchten Wallfahrtsort. Daneben spielten jedoch auch politische Absichten eine nicht unerhebliche Rolle. Die Heiligen Drei Könige und die PolitikDie besondere Herausstellung der nach Köln überführten Dreikönigsreliquien durch Friedrich I. Barbarossa und seinen Kanzler Rainald von Dassel war politisch motiviert. Nach dem Sieg Friedrichs I. über die Stadt Mailand bemühte sich der byzantinische Kaiser Manuel I. (Regierungszeit 1143-1180), der sich als zweiter Christus und Sohn Gottes sah, um eine politische Isolierung des abendländischen Kaisertums. Gegenüber diesem Anspruch konnte sich Friedrich I. als legitimer Nachfolger jener ersten Herrscher, die Christus als erste gehuldigt haben, berufen. Mit Hilfe einer demonstrativen Geste sollte der Anspruch einer neuen sakralen Grundlage des Kaisertums untermauert werden. „Die Heiligen Drei Könige repräsentierten durch ihre Nähe zum göttlichen Kind von Bethlehem gewissermaßen das von Gott eingesetzte Königtum und - Karl der Große ist vom Geschehen der Reliquienübertragung nicht ganz zu trennen - das im Abendland erneuerte Kaisertum.“ (Odilo Engels). Eine besondere Wertschätzung erfuhren die Heiligen Drei Könige durch Otto IV. (Regierungszeit 1198/1208-1218). Er berief im Zuge der politischen Auseinandersetzung mit seinem Gegenspieler Philipp von Schwaben (Regierungszeit als römisch-deutscher König 1198-1208) an ihrem Festtag, am 6.1.1200, den Hoftag nach Köln und stiftete den Heiligen Drei Königen als Geschenk drei goldene Kronen für ihre Häupter sowie Gold und Edelsteine für die Gestaltung der Stirnseite des in Arbeit befindlichen Schreins. Dort findet sich Otto IV. selber dargestellt, als vierter Herrscher schließt er sich den Königen aus dem Morgenland an. „Gleich den Heiligen sah er sich durch Gottes Sohn beglaubigt und bestätigt, wie diese zur gottgewollten Herrschaft berufen, vom Heiland mit jeglicher Kraft und Macht gesegnet. Diese Heiligung des Königtums in engster Verbindung mit der Herrschaft der Heiligen Drei Könige hat kein Herrscher nach Otto IV. mehr bekundet.“ (Hugo Stehkämper). Kein Herrscher überbot seine Wertschätzung für die Reliquien der Drei Könige. Von 1164, dem Jahr der Übertragung der Gebeine nach Köln, bis zum Jahr 1531, als in Aachen letztmalig ein deutscher König gekrönt wurde, hatte das Reich 28 Herrscher, davon besuchten 13 im Anschluss an ihre Aachener Krönung Köln. Maximilian l. (Regierungszeit 1493-1519, Krönung zum Mitkönig 1486) und Ferdinand l. (Regierungszeit 1531-1564) weilten jeweils vor und nach ihrer Aachener Krönung in Köln. Ferdinand war vor der Krönung 1531 im Kölner Dom zum römisch-deutschen König gewählt worden. Ruprecht wurde 1401 in Köln statt in Aachen gekrönt, nachdem die Stadt Aachen sich geweigert hatte, ihn hereinzulassen. Reichs-Heilige waren die Heiligen Drei Könige jedoch nie. Es ist kein Zufall, dass der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die Reliquien nach Köln brachte. Seine Bischofsstadt sollte mit einem bedeutenden Reliquienschatz versehen werden, um zu einem Zentrum des Reiches aufzusteigen. Der Erzbischof mag daran gedacht haben, einen Schwerpunkt geistlich geprägter Reichsrepräsentation zu schaffen. Schließlich erhob eine dritte Gewalt neben Kaiser und Erzbischof Anspruch auf eine politische Nutzung der Dreikönigsreliquien. Für die aufstrebende Stadt Köln schuf die Reliquientranslation und in ihrem Gefolge die Anziehungskraft für massenhaften Pilgerzulauf die Grundlage für ihren politischen, wirtschaftlichen und kulturellen Aufstieg. Die Stadt erkor die Heiligen Drei Könige neben der heiligen Ursula mit ihren Gefährtinnen und dem heiligen Gereon zu ihren Stadtpatronen. Als sich die Stadt im 13. Jahrhundert ein Wappen gab, wurden die goldenen Kronen der Heiligen Drei Könige im rot-weiß geteilten Wappenschild eingefügt. Im ausgehenden 15. Jahrhundert kamen die elf Hermelinschwänze (Tropfen oder Flammen) als Zeichen für die Stadtpatronin, die heilige Ursula mit ihren 11.000 Gefährtinnen, in das untere weiße Feld hinzu. Dieses Wappen ist bis heute ein Hoheitszeichen der Stadt Köln. Für die Ratskapelle malte Stefan Lochner um 1442-1444 den heute im Dom befindlichen Altar der Kölner Stadtpatrone, dessen Mitteltafel die Anbetung der Heiligen Drei Könige zeigt. DreikönigsverehrungKöln galt als einer der großen spätmittelalterlichen Pilgerorte; die bekanntesten Ziele waren die Reliquien der Heiligen Drei Könige sowie der heiligen Ursula und ihrer Gefährtinnen. Hochgestellte weltliche und geistliche Persönlichkeiten beschenkten die königlichen Heiligen mit reichen Stiftungen, Pilgerreisende aus allen Ständen und Schichten zogen zum kostbaren Dreikönigenschrein und verbreiteten den Ruf der Heiligen Drei Könige. Bemerkenswert sind die Fernpilger, die vom 13. bis zum 18. Jahrhundert aus Böhmen, Slowenien und Ungarn auf ihrem Weg zur Aachener Heiligtumsfahrt in Köln Station machten. Die ‚hungarischen’ Wallfahrer wurden im Hospiz Ipperwald versorgt, oft auch vom Kölner Magistrat sowie von Klöstern oder von wohlhabenden Bürgern bewirtet. Während des Aufenthaltes in Köln ging das Alltagsleben der Ungarn normal weiter: Kinder wurden getauft, Hochzeiten gefeiert, Verstorbene beerdigt. Die Ungarn-Wallfahrten nach Köln und Aachen endeten im späten 18. Jahrhundert. Erzbischof und Kurfürst Maximilian Friedrich verfügte am 6.3.1776, den nach Aachen pilgernden Ungarn den Eintritt in die Stadt Köln und in die erzbischöflichen Gebiete zu untersagen. Schriftliche Quellen wie Chroniken oder Reiseberichte überliefern die Popularität des Dreikönigskults, insbesondere aber bezeugen Pilgerzeichen und Dreikönigszettel die Verehrung der Heiligen über Jahrhunderte hinweg. Pilgerzeichen waren Metallgüsse mit der Anbetungsszene. Pilger kauften sie vor Ort, befestigten sie an der Kleidung und nahmen sie als Andenken mit nach Hause. Über 100 Fundstücke aus dem 12. bis 15. Jahrhundert dokumentieren die Dreikönigsverehrung in Nord- und Mitteleuropa. Seit dem 17. Jahrhundert sind Dreikönigszettel überliefert, die mit dem Signet der Heiligen Drei Könige (C+M+B) bedruckt sind und Segenssprüche aufweisen. Die Pilger nutzten sie als Unheil abwehrendes Amulett oder als Glück bringenden Talisman. Die Texte der Segenszettel bezeugen das vielfältige Patronat der Heiligen Drei Könige: Sie wurden angerufen, um vor Feinden, Waffen und Kugeln zu schützen, das Haus vor Brand, Unwetter und Dieben zu bewahren. Für die weit gereisten Heiligen lag das Reise-Patronat nahe, das anbetende Niederfallen vor Christus machte sie zuständig für Fallsucht. Erhalten sind Drucke auf Pergament, Papier und Seide, meist wohl als Einlage in Gebet- und Andachtsbücher. Dreikönigszettel sind in beachtlichen Mengen in Köln produziert worden. Gegenstände, die die Reliquien der Heiligen Drei Könige angerührt haben, galten als viel begehrtes Gut. Den frühesten Bericht darüber liefert Johannes von Hildesheim: „In Jerusalem kauften die Inder von Pilgern, die diesseits des Meeres waren, Münzen und goldene Fingerringe, mit denen sie die Reliquien der Heiligen Drei Könige angerührt haben. Sie küssen und verehren die heiligen Andenken und versichern, dass viele Kranke damit geheilt werden, wenn sie innig daran glauben.“. DreikönigssingenZu Beginn des Neuen Jahres senden die katholischen Pfarrgemeinden feierlich Sternsinger aus. Zur Erinnerung an die Weisen aus dem Morgenland ziehen die Kinder von Haus zu Haus, als Heilige Drei Könige verkleidet, wünschen Glück zum Neuen Jahr und bringen an den Haustüren die Segenszeichen C+M+B mit der Jahreszahl an. Für ihr Singen erhalten sie Gaben. Diese Spenden werden heute Projekten in der Dritten Welt zugeführt, während sie früher den Kindern selbst zukamen. Die ältesten Zeugnisse für das Sternsingen kommen aus dem 16. Jahrhundert und stammen vorwiegend aus Süddeutschland. Seit 1600 ist das Sternsingen für das Rheinland belegt. Zunächst waren meist Studenten als Sternsinger unterwegs, im 17. und 18. Jahrhundert ging der Brauch mehr und mehr auf andere Sozialgruppen wie Handwerksburschen, Tagelöhner, Soldaten und weniger gut gestellte Jugendliche oder Erwachsene über. Meist zogen jedoch Kinder aus armen Familien mit ihrem Stern von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf, um Gaben für bedürftige Verwandte zum gemeinsamen Verzehr zu sammeln. Das Sternsingen geriet in den Geruch der Bettelei. Im Jahre 1736 klagte der Rat der Stadt Köln, Studenten und Vagabunden liefen mit dem Stern herum und bettelten. Aufgrund öffentlicher Beschwerden ergingen entsprechende Verordnungen der geistlichen Obrigkeit, im frühen 20. Jahrhundert verschwand der alte Sternsingerbrauch weithin. 1958 stellte das Kindermissionswerk in Deutschland das Sternsingen in den Dienst der Mission und der Dritten Welt. Die „Aktion Dreikönigssingen“ ist heute ein kirchlich organisierter Solidarbrauch, die weltweit größten Hilfsaktion von Kindern für Kinder. QuellenJohannes von Hildesheim. Die Legende von den Heiligen Drei Königen, München/Köln 1963. LiteraturDöring, Alois, Heilige Helfer. Rheinische Heiligenfeste durch das Jahr, Köln 2009. Döring, Alois, Rheinische Bräuche durch das Jahr, 2. Auflage. Köln 2007. Engels, Odilo, Die Reliquien der Heiligen Drei Könige in der Reichspolitik der Staufer, in: Die Heiligen Drei Könige. Darstellung und Verehrung. Katalog zur Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, Köln 1982, S. 33-36. Hofmann, Hans, Die Heiligen Drei Könige. Zur Heiligenverehrung im kirchlichen, gesellschaftlichen und politischen Leben des Mittelalters, Bonn 1975. Legner, Anton, Kölner Heilige und Heiligtümer. Ein Jahrtausend europäischer Reliquienkultur, Köln 2003. Schäfke, Werner, Die Wallfahrt zu den Heiligen Drei Königen, in: Die Heiligen Drei Könige. Darstellung und Verehrung. Katalog zur Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, Köln 1982, S. 73-80. Stehkämper, Hugo, Könige und Heilige Drei Könige, in: Die Heiligen Drei Könige. Darstellung und Verehrung. Katalog zur Ausstellung des Wallraf-Richartz-Museums in der Josef-Haubrich-Kunsthalle Köln, Köln 1982, S. 37-50. |