Von wo kamen die Heiligen Drei Könige

Veröffentlicht am 05.01.2008

Herrscher waren sie sicherlich nicht, sondern wohl eher Priester und Sternendeuter. Und sie kamen aus Babylon. Eine historische Spurensuche

Sonntag ist ihr Fest: Die Heiligen drei Könige. Nach dem Matthäus-Evangelium kamen sie als Weise oder Sterndeuter aus dem Osten, um dem neugeborenen Jesus Gold, Weihrauch und Myrrhe als Gaben darzubringen, weil sie "seinen Stern hatten aufgehen sehen". Aber wer waren diese Gelehrten, von denen der römische Kirchenschriftsteller und Schöpfer der lateinischen Kirchensprache Tertullian Anfang des 3. Jahrhunderts sagte, sie seien fast wie Könige aufgetreten. Woher kamen sie? Waren es wirklich nur drei?

Inzwischen können Historiker den Weg und die Geschichte der berühmtesten Geschenküberbringer der Menschheit gut nachvollziehen. Ihr Wissen, was am Dreikönigstag tatsächlich geschah, beziehen sie aus historischen Schriften, aus der Kirchengeschichte, aus Ausgrabungen und vor allem - aus der Astronomie.

Viele Details der Dreikönigstagsgeschichte verraten auch Künstler. So sind auf Wandgemälden der Santa-Domitilla-Katakombe vier Könige zu sehen, andere Maler genehmigten sich sogar bis zu acht der Herren.

Nicht nur daraus schließen Experten heute: Die heiligen Drei sind auf keinen Fall zu dritt, sondern möglicherweise als achtköpfiger Trupp unterwegs gewesen. Die magische Zahl Drei gesellte sich erst im Mittelalter zur Legende dazu. Ihre Symbolkraft war damals kaum zu übertreffen: So glaubten die Menschen im 14. Jahrhundert, die Welt bestehe aus den drei Kontinenten Europa, Asien und Afrika. Aber nicht nur die Geschichte der Zahl Drei hilft Historikern, dem wahren Kern vom Dreikönigstag auf die Spur zu kommen. Aufschlussreich sind auch die Gaben, die die Gelehrten mitgebracht haben sollen: Gold, Weihrauch und Myrrhe.

Fest steht: Die drei Gaben waren nicht einfach nur Geschenke. Es waren vor allem Mythen. Denn schon seit dem Altertum gilt Gold als angemessenes Geschenk für einen König, Weihrauch für einen Priester, und Myrrhe ist eine Heilpflanze. Experten schließen daraus, dass es nicht die rätselhaften Fremden an der Krippe waren, die auf diese Weise Jesu Rolle als kommender König, Hohepriester und von Gott gesandter Arzt und "Heiland" vorbereiten wollten. Sondern die Bibelschreiber.

Auch das Datum des Dreikönigstages verdanken wir der katholischen Kirche. Tatsächlich sind die drei Weisen wahrscheinlich schon am 12. November des bewussten Jahres in Jerusalem eingetroffen - zumindest, wenn man nach der von Ferrari d'Occhieppo populären Interpretation des Sterns von Bethlehem als dreifaches Zusammentreffen der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische im Jahre sieben vor unserer Zeitrechnung geht.

Die Tradition des Dreikönigsfestes geht dagegen zurück bis zur Antike. Bei den Griechen war es Brauch, den Gott Dionysos und die Verwandlung von Wasser in Wein zu feiern. Die Römer taten das für den Saturn sieben Tage lang. Von ihnen stammt der Begriff "König des Festes".

Und die geheimnisvollen Fremden von Bethlehem? Die Hauptpersonen des Dreikönigstages? Woher kamen sie? Experten sind sich sicher: Es müssen Babylonier gewesen sein. Im Osten von Jerusalem lag das Zweistromland von Euphrat und Tigris mit der Hauptstadt Babylon, frühere Weltstadt und Hochzivilisation, deren Glanz zurzeit Jesu Geburt längst verblasst war. Mit Ausnahme einer wissenschaftlichen Disziplin, die sich die Babylonier bis in jene Zeit bewahrt hatten: Die Sternenkunde.

Und so steht fest: Die berühmten Abgesandten müssen Sternenkundler gewesen sein. Beseelt von astrologischem Wissen begaben sie sich auf die Reise nach Bethlehem. Keine der damaligen Kulturen verstand sich auf Astronomie und Astrologen so gut wie die Babylonier. Ihr Wissen bildete neben dem der Ägypter das Fundament der griechischen und römischen Himmelskunde.

Die Menschen pflegten ihr Wissen aus gutem Grund: Die babylonische und ägyptische Zivilisation waren in ihrem Wohl und Wehe von den Überschwemmungen der großen Flüsse abhängig. Es galt genau zu verstehen, wann sie eintrafen, um die den fruchtbaren Schlamm enthaltenen Fluten kanalisiert auf die Felder zu verteilen. Doch dazu war ein genauer Kalender notwendig, der nur durch die genaue Beobachtung des Himmels zu erhalten war. Ihn zu erstellen lag in den Händen der Priester und damit auch die Sternbeobachtung.

Die Wanderung von Sonne, Mond, Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn wurde als Ausdruck des Willens der Götter angesehen. Um deren Lauf verfolgen zu können, begannen die Sumerer im Süden des Landes vor rund 7000 Jahren Terrassen anzulegen. Im Laufe der folgenden Jahrtausende vergrößerten sich diese Bauten, Terrassen kamen hinzu und potenzierten Höhe und Umfang der Sternentürme: Der legendäre "Turm zu Babel" wurde geschaffen.

Seinen Ruhm verdankt er der Bibel, legendär die Geschichte von der Babylonischen Sprachverwirrung.

Dank der Grabungsarbeiten des deutschen Archäologen Robert Koldewey wissen wir, dass es den Turm zu Babel tatsächlich gegeben hat, und zwar als Mittelpunkt einer Tempelanlage, deren Fundamente er 1913 freilegte. Nach Herodot hatte der Turm eine Grundfläche von 91,48 mal 91,66 Meter und eine Höhe von 91 Meter. Den Abschluss bildete ein Tempel. "Dort steht ein breites Ruhebett mit schönen Decken", berichtet der griechische Geograph und Geschichtsschreiber. "Aber kein Götterbild ist dort errichtet, und kein Mensch verbringt dort die Nacht, außer einer Frau aus Babylon. Sie hat sich der Gott vor allen auserwählt."

Vermutlich spielt Herodot mit diesen Zeilen auf die Sitte der Heiligen Hochzeit an, die beim alljährlichen Neujahrsfest zu Ehren des Stadt- und Reichsgottes Marduk gefeiert wurde, und zwar durch die Vereinigung des Königs mit einer Priesterin als Symbol für die Erneuerung der Natur.

Gleich nebenan müssen die Priester die Sterne beobachtet haben. Gut möglich, dass von dort aus der Stern von Bethlehem erstmals entdeckt wurde.

Astronomie und Astrologie waren für die Bewohner Mesopotamiens untrennbar miteinander verbunden, und nur die Priester durften diese Geheimwissenschaft studieren. So verwundert es nicht, dass diese Kaste eine ungeheure Macht im Staate besaß und damit auch über das Wohl und Wehe des Herrscherhauses entscheiden konnte. Wie stark deren Stellung war, zeigt auch die Äußerung eines Priesters, der schrieb: "Der König ist ungeduldig wegen der langen Fastenzeit und fragt an, ob der neue Mond noch nicht erschienen sei!"

So waren es denn auch die "Heiligen Drei Könige", die zum neugeborenen Jesus kamen, babylonische Priesterastronomen, denn nur sie konnten die als Zeichen dienende Dreifache Große Konjunktion der Planeten Jupiter und Saturn im Sternbild der Fische im Jahr 7 vor Christus vorausberechnen.

Zwar verdichten sich Indizien, nach denen die Sternkundigen aus Palmyra im heutigen Syrien gekommen seien, denn Stoffreste aus dem Kölner Dreikönigsschrein sind fast identisch mit gut erforschen palmyrischen Geweben aus den fast 2000 Jahre alten Grabtürmen vornehmer Familien, weiterhin liegt neben der Stadt ein Berg, von dem man aus gut astronomische Beobachtungen vornehmen konnte, und schließlich wäre mit Rennkamelen Jerusalem schnell zu erreichen gewesen und nicht erst nach monatelangen Strapazen - und dann passt der Rest der Handlung nicht mehr. Die Geschichte vom Dreikönigstag: Eine Legende - und ein wahrer Kern. Es gab sie wirklich, jene Fremden an der Krippe. Sie sahen die Sterne, sie machten sich auf die Suche - und sie kamen ans Ziel. Der Rest ist Legende.

Erz­bi­schof Rai­nald von Das­sel brach­te im Jah­re 1164 die Ge­bei­ne der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge nach Köln; de­ren Re­li­qui­en­schrein im Köl­ner Dom wur­de zu ei­nem der gro­ßen eu­ro­päi­schen Pil­ger­zie­le.

Legende und Kultausbreitung

Die Ge­schich­te der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge Kas­par, Mel­chi­or und Bal­tha­sar be­ginnt mit dem Mat­thä­us-Evan­ge­li­um (Mt 2, 1-12): Da­nach ka­men drei Wei­sen aus dem Mor­gen­land, um das neu­ge­bo­re­ne Kind zu Beth­le­hem an­zu­be­ten. Als Kö­ni­ge wer­den die drei – die Ma­gi­er, As­tro­lo­gen oder Stern­deu­ter ge­we­sen sein mö­gen – erst­mals im 3. Jahr­hun­dert be­zeich­net. Die Drei­zahl er­schlie­ßt der Kir­chen­leh­rer Ori­gi­nes (185-254) aus den dar­ge­brach­ten Ga­ben Gold, Weih­rauch und Myr­rhe. Die ge­läu­fi­gen Na­men Kas­par, Mel­chi­or und Bal­tha­sar bil­den sich im 8. und 9. Jahr­hun­dert end­gül­tig her­aus.

Den Über­lie­fe­run­gen nach ist Kas­par der äl­tes­te, Bal­tha­sar der mitt­le­re und Mel­chi­or der jüngs­te Kö­nig. Die Drei Kö­ni­ge ver­sinn­bild­li­chen die drei da­mals be­kann­ten Erd­tei­le Eu­ro­pa, Asi­en und Afri­ka. Fer­ner re­prä­sen­tie­ren sie die drei Le­bens­al­ter Jüng­ling, Mann und Greis.

Die Wei­sen brin­gen Gold, Weih­rauch und Myr­rhe. Mit der Ga­be von Gold wird Je­sus durch das Kost­bars­te auf Er­den ge­ehrt und als Got­tes Sohn an­er­kannt. Myr­rhe ver­weist durch ih­re Bit­ter­keit und ih­re hei­len­de Wir­kung auf Lei­den und Tod Chris­ti, aber auch auf Auf­er­ste­hung und neu­es Le­ben. Der Weih­rauch, der als Got­tes­duft gilt, weist auf die Gött­lich­keit des Be­schenk­ten hin.

Die Re­li­qui­en der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge soll He­le­na, Mut­ter des rö­mi­schen Kai­sers Kon­stan­tin I., ge­fun­den und nach Kon­stan­ti­no­pel ge­bracht ha­ben. Die Re­li­qui­en ge­lang­ten of­fen­sicht­lich erst im 12. Jahr­hun­dert nach Mai­land. Nach der Er­obe­rung der Stadt durch Kai­ser Fried­rich I. (Re­gie­rungs­zeit 1152-1190) über­führ­te der Reichs­kanz­ler und Köl­ner Erz­bi­schof Rai­nald von Das­sel die Re­li­qui­en nach Köln, wo sie am 23.7.1164 an­ka­men.

Der Drei­kö­ni­gen­schrein zur Auf­be­wah­rung der Re­li­qui­en, ei­nes der be­deu­tends­ten Gold­schmie­de­wer­ke des Mit­tel­al­ters, ent­stand zwi­schen 1180 und 1230. Mit des­sen Ge­stal­tung ist der Na­me des Gold­schmieds Ni­ko­laus von Ver­dun (auch Meis­ter von Ver­dun ge­nannt) ver­bun­den. Die Vor­der­sei­te zeigt die mit dem Kin­de thro­nen­de Ma­ria, links die sich nä­hern­den Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge. Ent­nom­me­ne Res­te der Ge­we­be, in de­nen die Ge­bei­ne ein­ge­hüllt wa­ren, er­wei­sen sich als an­ti­ke Sei­den­stof­fe aus dem Ori­ent, was ein bis in bib­li­sche Zeit zu­rück­rei­chen­des Al­ter der Re­li­qui­en be­le­gen mag.

Die Trans­la­ti­on der Ge­bei­ne der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge nach Köln lös­te den Drei­kö­nigs­kult aus. Von der Dom­stadt aus ver­brei­te­te sich die Ver­eh­rung der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge über das Abend­land. Nach­hal­ti­ge För­de­rung er­fuhr die Ver­brei­tung des Drei­kö­nigs­kults durch die „Le­gen­de von den Hei­li­gen Drei Kö­ni­gen“ („His­to­ria Tri­um Re­gum“), die der Kar­me­li­ter­mönch Jo­han­nes von Hil­des­heim (um 1310/1320-1375) zum 200. Ju­bi­lä­um der Re­li­qui­en­trans­la­ti­on ver­fass­te.

Das gro­ße Echo im eu­ro­päi­schen Raum er­hob die Ru­he­stät­te der Drei­kö­nigs­ge­bei­ne zum viel be­such­ten Wall­fahrts­ort. Da­ne­ben spiel­ten je­doch auch po­li­ti­sche Ab­sich­ten ei­ne nicht un­er­heb­li­che Rol­le.

Die Heiligen Drei Könige und die Politik

Die be­son­de­re Her­aus­stel­lung der nach Köln über­führ­ten Drei­kö­nigs­re­li­qui­en durch Fried­rich I. Bar­ba­ros­sa und sei­nen Kanz­ler Rai­nald von Das­sel war po­li­tisch mo­ti­viert. Nach dem Sieg Fried­richs I. über die Stadt Mai­land be­müh­te sich der by­zan­ti­ni­sche Kai­ser Ma­nu­el I. (Re­gie­rungs­zeit 1143-1180), der sich als zwei­ter Chris­tus und Sohn Got­tes sah, um ei­ne po­li­ti­sche Iso­lie­rung des abend­län­di­schen Kai­ser­tums. Ge­gen­über die­sem An­spruch konn­te sich Fried­rich I. als le­gi­ti­mer Nach­fol­ger je­ner ers­ten Herr­scher, die Chris­tus als ers­te ge­hul­digt ha­ben, be­ru­fen. Mit Hil­fe ei­ner de­mons­tra­ti­ven Ges­te soll­te der An­spruch ei­ner neu­en sa­kra­len Grund­la­ge des Kai­ser­tums un­ter­mau­ert wer­den. „Die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge re­prä­sen­tier­ten durch ih­re Nä­he zum gött­li­chen Kind von Beth­le­hem ge­wis­ser­ma­ßen das von Gott ein­ge­setz­te Kö­nig­tum und - Karl der Gro­ße ist vom Ge­sche­hen der Re­li­qui­en­über­tra­gung nicht ganz zu tren­nen - das im Abend­land er­neu­er­te Kai­ser­tum.“ (Odi­lo En­gels).

Ei­ne be­son­de­re Wert­schät­zung er­fuh­ren die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge durch Ot­to IV. (Re­gie­rungs­zeit 1198/1208-1218). Er be­rief im Zu­ge der po­li­ti­schen Aus­ein­an­der­set­zung mit sei­nem Ge­gen­spie­ler Phil­ipp von Schwa­ben (Re­gie­rungs­zeit als rö­misch-deut­scher Kö­nig 1198-1208) an ih­rem Fest­tag, am 6.1.1200, den Hof­tag nach Köln und stif­te­te den Hei­li­gen Drei Kö­ni­gen als Ge­schenk drei gol­de­ne Kro­nen für ih­re Häup­ter so­wie Gold und Edel­stei­ne für die Ge­stal­tung der Stirn­sei­te des in Ar­beit be­find­li­chen Schreins. Dort fin­det sich Ot­to IV. sel­ber dar­ge­stellt, als vier­ter Herr­scher schlie­ßt er sich den Kö­ni­gen aus dem Mor­gen­land an. „Gleich den Hei­li­gen sah er sich durch Got­tes Sohn be­glau­bigt und be­stä­tigt, wie die­se zur gott­ge­woll­ten Herr­schaft be­ru­fen, vom Hei­land mit jeg­li­cher Kraft und Macht ge­seg­net. Die­se Hei­li­gung des Kö­nig­tums in engs­ter Ver­bin­dung mit der Herr­schaft der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge hat kein Herr­scher nach Ot­to IV. mehr be­kun­det.“ (Hu­go Steh­käm­per).

Kein Herr­scher über­bot sei­ne Wert­schät­zung für die Re­li­qui­en der Drei Kö­ni­ge. Von 1164, dem Jahr der Über­tra­gung der Ge­bei­ne nach Köln, bis zum Jahr 1531, als in Aa­chen letzt­ma­lig ein deut­scher Kö­nig ge­krönt wur­de, hat­te das Reich 28 Herr­scher, da­von be­such­ten 13 im An­schluss an ih­re Aa­che­ner Krö­nung Köln. Ma­xi­mi­li­an l. (Re­gie­rungs­zeit 1493-1519, Krö­nung zum Mit­kö­nig 1486) und Fer­di­nand l. (Re­gie­rungs­zeit 1531-1564) weil­ten je­weils vor und nach ih­rer Aa­che­ner Krö­nung in Köln. Fer­di­nand war vor der Krö­nung 1531 im Köl­ner Dom zum rö­misch-deut­schen Kö­nig ge­wählt wor­den. Ru­precht wur­de 1401 in Köln statt in Aa­chen ge­krönt, nach­dem die Stadt Aa­chen sich ge­wei­gert hat­te, ihn her­ein­zu­las­sen. Reichs-Hei­li­ge wa­ren die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge je­doch nie.

Es ist kein Zu­fall, dass der Köl­ner Erz­bi­schof Rai­nald von Das­sel die Re­li­qui­en nach Köln brach­te. Sei­ne Bi­schofs­stadt soll­te mit ei­nem be­deu­ten­den Re­li­qui­en­schatz ver­se­hen wer­den, um zu ei­nem Zen­trum des Rei­ches auf­zu­stei­gen. Der Erz­bi­schof mag dar­an ge­dacht ha­ben, ei­nen Schwer­punkt geist­lich ge­präg­ter Reichs­re­prä­sen­ta­ti­on zu schaf­fen. Schlie­ß­lich er­hob ei­ne drit­te Ge­walt ne­ben Kai­ser und Erz­bi­schof An­spruch auf ei­ne po­li­ti­sche Nut­zung der Drei­kö­nigs­re­li­qui­en. Für die auf­stre­ben­de Stadt Köln schuf die Re­li­qui­en­trans­la­ti­on und in ih­rem Ge­fol­ge die An­zie­hungs­kraft für mas­sen­haf­ten Pil­ger­zu­lauf die Grund­la­ge für ih­ren po­li­ti­schen, wirt­schaft­li­chen und kul­tu­rel­len Auf­stieg. Die Stadt er­kor die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge ne­ben der hei­li­gen Ur­su­la mit ih­ren Ge­fähr­tin­nen und dem hei­li­gen Ge­re­on zu ih­ren Stadt­pa­tro­nen. Als sich die Stadt im 13. Jahr­hun­dert ein Wap­pen gab, wur­den die gol­de­nen Kro­nen der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge im rot-weiß ge­teil­ten Wap­pen­schild ein­ge­fügt. Im aus­ge­hen­den 15. Jahr­hun­dert ka­men die elf Her­me­lin­schwän­ze (Trop­fen oder Flam­men) als Zei­chen für die Stadt­pa­tro­nin, die hei­li­ge Ur­su­la mit ih­ren 11.000 Ge­fähr­tin­nen, in das un­te­re wei­ße Feld hin­zu. Die­ses Wap­pen ist bis heu­te ein Ho­heits­zei­chen der Stadt Köln. Für die Rats­ka­pel­le mal­te Ste­fan Loch­ner um 1442-1444 den heu­te im Dom be­find­li­chen Al­tar der Köl­ner Stadt­pa­tro­ne, des­sen Mit­tel­ta­fel die An­be­tung der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge zeigt.

Dreikönigsverehrung

Köln galt als ei­ner der gro­ßen spät­mit­tel­al­ter­li­chen Pil­ger­or­te; die be­kann­tes­ten Zie­le wa­ren die Re­li­qui­en der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge so­wie der hei­li­gen Ur­su­la und ih­rer Ge­fähr­tin­nen. Hoch­ge­stell­te welt­li­che und geist­li­che Per­sön­lich­kei­ten be­schenk­ten die kö­nig­li­chen Hei­li­gen mit rei­chen Stif­tun­gen, Pil­ger­rei­sen­de aus al­len Stän­den und Schich­ten zo­gen zum kost­ba­ren Drei­kö­ni­gen­schrein und ver­brei­te­ten den Ruf der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge.

Be­mer­kens­wert sind die Fern­pil­ger, die vom 13. bis zum 18. Jahr­hun­dert aus Böh­men, Slo­we­ni­en und Un­garn auf ih­rem Weg zur Aa­che­ner Hei­lig­tums­fahrt in Köln Sta­ti­on mach­ten. Die ‚hun­ga­ri­schen’ Wall­fah­rer wur­den im Hos­piz Ip­per­wald ver­sorgt, oft auch vom Köl­ner Ma­gis­trat so­wie von Klös­tern oder von wohl­ha­ben­den Bür­gern be­wir­tet. Wäh­rend des Auf­ent­hal­tes in Köln ging das All­tags­le­ben der Un­garn nor­mal wei­ter: Kin­der wur­den ge­tauft, Hoch­zei­ten ge­fei­ert, Ver­stor­be­ne be­er­digt. Die Un­garn-Wall­fahr­ten nach Köln und Aa­chen en­de­ten im spä­ten 18. Jahr­hun­dert. Erz­bi­schof und Kur­fürst Ma­xi­mi­li­an Fried­rich ver­füg­te am 6.3.1776, den nach Aa­chen pil­gern­den Un­garn den Ein­tritt in die Stadt Köln und in die erz­bi­schöf­li­chen Ge­bie­te zu un­ter­sa­gen.

Schrift­li­che Quel­len wie Chro­ni­ken oder Rei­se­be­rich­te über­lie­fern die Po­pu­la­ri­tät des Drei­kö­nigs­kults, ins­be­son­de­re aber be­zeu­gen Pil­ger­zei­chen und Drei­kö­nigs­zet­tel die Ver­eh­rung der Hei­li­gen über Jahr­hun­der­te hin­weg. Pil­ger­zei­chen wa­ren Me­tall­güs­se mit der An­be­tungs­sze­ne. Pil­ger kauf­ten sie vor Ort, be­fes­tig­ten sie an der Klei­dung und nah­men sie als An­denken mit nach Hau­se. Über 100 Fund­stü­cke aus dem 12. bis 15. Jahr­hun­dert do­ku­men­tie­ren die Drei­kö­nigs­ver­eh­rung in Nord- und Mit­tel­eu­ro­pa.

Seit dem 17. Jahr­hun­dert sind Drei­kö­nigs­zet­tel über­lie­fert, die mit dem Si­gnet der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge (C+M+B) be­druckt sind und Se­gens­sprü­che auf­wei­sen. Die Pil­ger nutz­ten sie als Un­heil ab­weh­ren­des Amu­lett oder als Glück brin­gen­den Ta­lis­man. Die Tex­te der Se­gens­zet­tel be­zeu­gen das viel­fäl­ti­ge Pa­tro­nat der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge: Sie wur­den an­ge­ru­fen, um vor Fein­den, Waf­fen und Ku­geln zu schüt­zen, das Haus vor Brand, Un­wet­ter und Die­ben zu be­wah­ren. Für die weit ge­reis­ten Hei­li­gen lag das Rei­se-Pa­tro­nat na­he, das an­be­ten­de Nie­der­fal­len vor Chris­tus mach­te sie zu­stän­dig für Fall­sucht. Er­hal­ten sind Dru­cke auf Per­ga­ment, Pa­pier und Sei­de, meist wohl als Ein­la­ge in Ge­bet- und An­dachts­bü­cher. Drei­kö­nigs­zet­tel sind in be­acht­li­chen Men­gen in Köln pro­du­ziert wor­den.

Ge­gen­stän­de, die die Re­li­qui­en der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge an­ge­rührt ha­ben, gal­ten als viel be­gehr­tes Gut. Den frü­hes­ten Be­richt dar­über lie­fert Jo­han­nes von Hil­des­heim: „In Je­ru­sa­lem kauf­ten die In­der von Pil­gern, die dies­seits des Mee­res wa­ren, Mün­zen und gol­de­ne Fin­ger­rin­ge, mit de­nen sie die Re­li­qui­en der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge an­ge­rührt ha­ben. Sie küs­sen und ver­eh­ren die hei­li­gen An­denken und ver­si­chern, dass vie­le Kran­ke da­mit ge­heilt wer­den, wenn sie in­nig dar­an glau­ben.“.

Dreikönigssingen

Zu Be­ginn des Neu­en Jah­res sen­den die ka­tho­li­schen Pfarr­ge­mein­den fei­er­lich Stern­sin­ger aus. Zur Er­in­ne­rung an die Wei­sen aus dem Mor­gen­land zie­hen die Kin­der von Haus zu Haus, als Hei­li­ge Drei Kö­ni­ge ver­klei­det, wün­schen Glück zum Neu­en Jahr und brin­gen an den Haus­tü­ren die Se­gens­zei­chen C+M+B mit der Jah­res­zahl an. Für ihr Sin­gen er­hal­ten sie Ga­ben. Die­se Spen­den wer­den heu­te Pro­jek­ten in der Drit­ten Welt zu­ge­führt, wäh­rend sie frü­her den Kin­dern selbst zu­ka­men.

Die äl­tes­ten Zeug­nis­se für das Stern­sin­gen kom­men aus dem 16. Jahr­hun­dert und stam­men vor­wie­gend aus Süd­deutsch­land. Seit 1600 ist das Stern­sin­gen für das Rhein­land be­legt. Zu­nächst wa­ren meist Stu­den­ten als Stern­sin­ger un­ter­wegs, im 17. und 18. Jahr­hun­dert ging der Brauch mehr und mehr auf an­de­re So­zi­al­grup­pen wie Hand­werks­bur­schen, Ta­ge­löh­ner, Sol­da­ten und we­ni­ger gut ge­stell­te Ju­gend­li­che oder Er­wach­se­ne über. Meist zo­gen je­doch Kin­der aus ar­men Fa­mi­li­en mit ih­rem Stern von Haus zu Haus und von Dorf zu Dorf, um Ga­ben für be­dürf­ti­ge Ver­wand­te zum ge­mein­sa­men Ver­zehr zu sam­meln. Das Stern­sin­gen ge­riet in den Ge­ruch der Bet­te­lei. Im Jah­re 1736 klag­te der Rat der Stadt Köln, Stu­den­ten und Va­ga­bun­den lie­fen mit dem Stern her­um und bet­tel­ten. Auf­grund öf­fent­li­cher Be­schwer­den er­gin­gen ent­spre­chen­de Ver­ord­nun­gen der geist­li­chen Ob­rig­keit, im frü­hen 20. Jahr­hun­dert ver­schwand der al­te Stern­sin­ger­brauch weit­hin.

1958 stell­te das Kin­der­mis­si­ons­werk in Deutsch­land das Stern­sin­gen in den Dienst der Mis­si­on und der Drit­ten Welt. Die „Ak­ti­on Drei­kö­nigs­sin­gen“ ist heu­te ein kirch­lich or­ga­ni­sier­ter So­li­dar­brauch, die welt­weit grö­ß­ten Hilfs­ak­ti­on von Kin­dern für Kin­der.

Quellen

Jo­han­nes von Hil­des­heim. Die Le­gen­de von den Hei­li­gen Drei Kö­ni­gen, Mün­chen/Köln 1963.

Literatur

Dö­ring, Alois, Hei­li­ge Hel­fer. Rhei­ni­sche Hei­li­gen­fes­te durch das Jahr, Köln 2009. Dö­ring, Alois, Rhei­ni­sche Bräu­che durch das Jahr, 2. Auf­la­ge. Köln 2007. En­gels, Odi­lo, Die Re­li­qui­en der Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge in der Reichs­po­li­tik der St­au­fer, in: Die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge. Dar­stel­lung und Ver­eh­rung. Ka­ta­log zur Aus­stel­lung des Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­ums in der Jo­sef-Hau­brich-Kunst­hal­le Köln, Köln 1982, S. 33-36. Hof­mann, Hans, Die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge. Zur Hei­li­gen­ver­eh­rung im kirch­li­chen, ge­sell­schaft­li­chen und po­li­ti­schen Le­ben des Mit­tel­al­ters, Bonn 1975. Leg­ner, An­ton, Köl­ner Hei­li­ge und Hei­lig­tü­mer. Ein Jahr­tau­send eu­ro­päi­scher Re­li­qui­en­kul­tur, Köln 2003. Schäf­ke, Wer­ner, Die Wall­fahrt zu den Hei­li­gen Drei Kö­ni­gen, in: Die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge. Dar­stel­lung und Ver­eh­rung. Ka­ta­log zur Aus­stel­lung des Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­ums in der Jo­sef-Hau­brich-Kunst­hal­le Köln, Köln 1982, S. 73-80.

Steh­käm­per, Hu­go, Kö­ni­ge und Hei­li­ge Drei Kö­ni­ge, in: Die Hei­li­gen Drei Kö­ni­ge. Dar­stel­lung und Ver­eh­rung. Ka­ta­log zur Aus­stel­lung des Wall­raf-Ri­ch­artz-Mu­se­ums in der Jo­sef-Hau­brich-Kunst­hal­le Köln, Köln 1982, S. 37-50.