Mit welcher stimme wähle ich den kanzler

Über die Wahlhandlung sowie die Ermittlung und Feststellung des Wahlergebnisses fertigt der bzw. die Schriftführende des Wahlvorstandes die Wahlniederschrift. Hierin werden alle Auszählungsschritte bis hin zur Feststellung des Wahlergebnisses nach einem bestimmten Muster festgehalten (siehe Anlage 29 zur Bundeswahlordung – BWO). Die Niederschrift ist von den Mitgliedern des Wahlvorstandes zu genehmigen und zu unterzeichnen. Anschließend hat jeder Wahlvorsteher bzw. jede Wahlvorsteherin die Niederschrift mit Anlagen der Gemeindebehörde zu übergeben. Diese leitet die Wahlniederschriften ihrer Wahlvorstände gebündelt wiederum der Kreiswahlleitung auf schnellstem Wege zu.

Die Kreiswahlleitung prüft die Wahlniederschriften der Wahlvorstände auf Vollständig- und Ordnungsmäßigkeit. Die Ergebnisse werden dem Kreiswahlausschuss vorgelegt. Dieser ermittelt daraufhin das Wahlergebnis des Wahlkreises und stellt die Zahlen

  • der Wahlberechtigten,
  • der Wählerinnen und Wähler,
  • der gültigen und ungültigen Erst- und Zweitstimmen,
  • der für die einzelnen Bewerberinnen und Bewerber abgegebenen gültigen Erststimmen,
  • der für die einzelnen Landeslisten abgegebenen gültigen Zweitstimmen fest.

Der Kreiswahlausschuss kann Feststellungen des Wahlvorstandes berichtigen, indem er zum Beispiel abweichend über die Gültigkeit einzelner Stimmen entscheidet. Er stellt schließlich fest, welche Bewerberin bzw. welcher Bewerber im Wahlkreis gewählt ist und gibt diese Ergebnisse mündlich bekannt.

Auch über die Sitzung der Kreiswahlausschüsse wird eine Niederschrift angefertigt, die von allen Beteiligten unterschrieben werden muss. Diese wird mit einer Zusammenstellung der Wahlergebnisse nach einem bestimmten Muster (Anlage 30 zur BWO), so schnell wie möglich an die Landeswahlleitung und an den Bundeswahlleiter übermittelt.

Die Landeswahlleitung prüft die Wahlniederschriften der Kreiswahlausschüsse. Danach werden die endgültigen Wahlergebnisse der einzelnen Wahlkreise zusammengestellt und dem Landeswahlausschuss vorgelegt. Der Landeswahlausschuss ermittelt das Zweitstimmenergebnis im Land und trifft folgende Feststellungen:

  • die Zahl der Wahlberechtigten
  • die Zahl der Wählerinnen und Wähler
  • die Zahlen der gültigen und ungültigen Zweitstimmen
  • die Zahlen der für die einzelnen Landeslisten abgegebenen gültigen Zweitstimmen
  • im Falle des § 6 Absatz 1 Satz 2 Bundeswahlgesetz (BWG) die Zahlen der für die Sitzverteilung zu berücksichtigenden Zweitstimmen der einzelnen Landeslisten (sogenannte bereinigte Zahlen).

Gegebenenfalls berichtigt der Landeswahlausschuss die Feststellungen der Wahlvorstände oder der Kreiswahlausschüsse rechnerisch. Die Unterlagen werden mit einer Sitzungsniederschrift nach Anlage 33 der BWO an den Bundeswahlleiter geleitet.

Der Bundeswahlleiter prüft die Wahlniederschriften der Landeswahlausschüsse und ermittelt auf dieser Grundlage

  • die Zahlen der Zweitstimmen der Landeslisten jeder Partei,
  • die Gesamtzahl der im Wahlgebiet abgegebenen gültigen Zweitstimmen,
  • den Prozentsatz des Stimmenanteils der einzelnen Parteien im Wahlgebiet an der Gesamtzahl der gültigen Zweitstimmen,
  • die Zahl der von den einzelnen Parteien im Wahlgebiet errungenen Wahlkreissitze,
  • die bereinigten Zweitstimmenzahlen der Landeslisten und jeder Partei,
  • die Zahl der erfolgreichen Wahlkreisbewerberinnen und -bewerber, die nach § 6 Absatz 1 Satz 3 BWG von der Gesamtzahl der Abgeordneten abzuziehen sind,
  • die Zahl der in der ersten Verteilung den Ländern nach Bevölkerungsanteil gemäß den letzten amtlichen Bevölkerungszahlen zuzuordnenden Sitze.

Nach Berichterstattung durch den Bundeswahlleiter ermittelt der Bundeswahlausschuss das Gesamtergebnis der Landeslistenwahl und stellt für das gesamte Wahlgebiet fest:

  • die Zahl der Wahlberechtigten,
  • die Zahl der Wählerinnen und Wähler,
  • die Zahlen der gültigen und ungültigen Zweitstimmen,
  • die Zahlen der auf die einzelnen Parteien entfallenen gültigen Zweitstimmen,
  • die Parteien, die nach § 6 Absatz 3 des Bundeswahlgesetzes
    • an der Verteilung der Listensitze teilnehmen,
    • bei der Verteilung der Listensitze unberücksichtigt bleiben,
  • die bereinigten Zahlen der auf die einzelnen Parteien entfallenen Zweitstimmen,
  • die Zahl der Sitze, die auf die einzelnen Parteien und Landeslisten entfallen,
  • welche Landeslistenbewerberinnen und -bewerber gewählt sind.

Der Bundeswahlleiter kann rechnerische Berichtigungen an den Feststellungen der Landeswahlausschüsse vornehmen.

Sobald die Feststellungen aller Wahlausschüsse abgeschlossen sind, machen die Kreiswahlleitungen das endgültige Ergebnis für den Wahlkreis, die Landeswahlleitungen für das jeweilige Land und der Bundeswahlleiter für das gesamte Wahlgebiet öffentlich bekannt.

§§ 37 ff. BWG
§ 72, §§ 76 - 79 BWO

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Olaf Scholz ist neuer Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Der Bundestag hat den SPD-Abgeordneten am Mittwoch, 8. Dezember 2021, mit 395 von 707 abgegebenen Stimmen zum Kanzler in der 20. Wahlperiode (2021 bis 2025) gewählt. Für die Wahl erforderlich waren 369 Stimmen. In der geheimen Wahl mit verdeckten Stimmkarten gab es 303 Gegenstimmen und sechs Enthaltungen. Drei Stimmen waren ungültig.

Zu Beginn der Plenarsitzung verlas Bundestagspräsidentin Bärbel Bas das Schreiben von Bundespräsident Dr. Frank-Walter Steinmeier, der Olaf Scholz nach Artikel 63 Absatz 1 des Grundgesetzes für die Wahl zum Bundeskanzler vorgeschlagen hatte. Scholz wird damit Nachfolger von Dr. Angela Merkel, die das Amt seit 2005 innehatte. Im Anschluss an die Wahl wurde Olaf Scholz vom Bundespräsidenten in dessen Amtssitz Schloss Bellevue zum Bundeskanzler ernannt.

Merkel seit 26. Oktober nur geschäftsführend im Amt

Bärbel Bas hatte eingangs auf der Tribüne unter anderem Angela Merkel begrüßt. Die Abgeordneten mit Ausnahme der AfD-Fraktion erhoben sich von den Plätzen und dankten der noch geschäftsführenden Bundeskanzlerin mit lang anhaltendem Applaus. Die Amtszeit Merkels war bereits am Dienstag, 26. Oktober, dem Tag der konstituierenden Sitzung des am 26. September neu gewählten 20. Deutschen Bundestages abgelaufen (Artikel 69 Absatz 2 des Grundgesetzes). Seither agierte sie als geschäftsführende Bundeskanzlerin. An ihren Kompetenzen hat das allerdings nichts geändert. Der Bundestag konnte ihr jedoch seit dem 26. Oktober nicht das Misstrauen aussprechen (Artikel 67 des Grundgesetzes), und die Kanzlerin konnte im Parlament nicht die Vertrauensfrage stellen (Artikel 68).

Was das Grundgesetz nicht sagt ist, innerhalb welcher Frist ein neuer Bundeskanzler gewählt werden muss. Festgelegt ist im dritten Absatz des Artikels 69 nur, dass die Kanzlerin auf Bitten des Bundespräsidenten verpflichtet ist, ihre Amtsgeschäfte so lange weiterzuführen, bis der Bundespräsident einen neuen Bundeskanzler ernannt hat.

Wahl mit verdeckten Stimmzetteln

Die zeitliche Spanne zwischen der Bundestagswahl und der Wahl des Bundeskanzlers war in den zurückliegenden 19 Wahlperioden unterschiedlich lang. Sie reicht von 23 Tagen 1983 (Wahl am 6. März, Kanzlerwahl am 29. März) bis 171 Tagen 2017 (Wahl am 22. September, Kanzlerwahl am 14. März 2018). In diesem Jahr sind zwischen Bundestagswahl und Kanzlerwahl 73 Tage vergangen.

Die Kanzlerwahl kann aus bis zu drei Wahlphasen bestehen und findet mit „verdeckten Stimmzetteln“, also geheim, statt. Bei diesem Verfahren dürfen nach der Geschäftsordnung des Bundestages die Stimmzettel erst vor Betreten der Wahlzelle ausgehändigt werden. Zur Wahl werden die Abgeordneten namentlich aufgerufen.

Kandidat soll „mehrheitsfähig“ sein

In der ersten Wahlphase zwingt das Grundgesetz den Bundespräsidenten, dem Bundestag innerhalb einer „angemessenen“ Frist einen Wahlvorschlag zu unterbreiten. An Empfehlungen, etwa der Mehrheitsfraktionen, ist er dabei nicht gebunden. Er entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen, sollte zugleich aber einen Kandidaten benennen, der mehrheitsfähig ist.

Der Bundespräsident muss einen bestimmten Kanzlerkandidaten präsentieren und darf dies nicht an politische Vorgaben knüpfen. Da die Erfolgsaussichten des Kandidaten entscheidend von seiner Mehrheitsfähigkeit im Bundestag abhängen, gibt es keine feste Frist, innerhalb derer der Bundespräsident einen Kandidaten vorschlagen muss.

Kanzlermehrheit erforderlich

Zum Bundeskanzler gewählt werden können Deutsche, die das aktive und passive Wahlrecht zum Bundestag besitzen. Aktives Wahlrecht heißt, dass sie den Bundestag mitwählen dürfen, passives Wahlrecht, dass sie selbst in den Bundestag gewählt werden könnten. Aber: Der Bundeskanzler muss kein Bundestagsabgeordneter sein!

In der ersten Wahlphase braucht der Kandidat die absolute Mehrheit der Mitglieder des Bundestages, also mindestens eine Stimme mehr als die Stimmen der Hälfte des Parlaments. Man spricht hier auch von der sogenannten Kanzlermehrheit. Der neue Bundestag zählt 736 Mitglieder, Olaf Scholz musste also mindestens 369 Stimmen auf sich vereinigen, um gewählt zu werden. (vom/08.12.2021)

Bei Bundestagswahlen können die Wählerinnen und Wähler zwei Kreuze auf dem Stimmzettel machen.

Mit der "Erststimme" wählt man einen Kandidaten oder eine Kandidatin aus seinem Wahlkreis. Von diesen Wahlkreisen gibt es in Deutschland insgesamt 299. In jedem davon leben im Durchschnitt 250.000 Menschen.

In den einzelnen Wahlkreisen konkurrieren die Kandidaten um die Erststimmen der Wähler. Jede Partei darf einen aufstellen, aber auch unabhängige Kandidaturen sind möglich.

Jeder Kandidat macht Werbung für sich und seine Partei, tourt durch den Bezirk und präsentiert Themen, die seiner Meinung nach für die Region und für seine Partei besonders wichtig sind.

Wer die meisten Erststimmen in seinem Wahlkreis bekommt, erhält ein Direktmandat und kommt als Abgeordneter in den Bundestag. Alle anderen Kandidaten gehen leer aus.

So kommen insgesamt 299 Abgeordnete in den Bundestag.

Durch das Prinzip der Erststimme wird sicher gestellt, dass jede Region im Bundestag vertreten ist.

Die "Zweitstimme" - sie ist trotz ihres Namens wichtiger als die Erststimme: Denn die Zweitstimme entscheidet über die Mehrheitsverhältnisse im Bundestag – also darüber, wie viele der insgesamt 598 Sitze im Bundestag jeweils einer Partei zustehen. Um die Zweitstimmen geht es auch bei den Hochrechnungen an den Wahlabenden.

Vereinfacht gesagt: Hat eine Partei 40 Prozent der Zweitstimmen gewonnen, bekommt sie mindestens 40 Prozent der Sitze im Bundestag.

Die Zweitstimmen zählen jedoch nur, wenn Parteien mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen oder drei Wahlkreise gewonnen haben. Wenn nicht, verfallen die Zweitstimmen.

Mit der Zweitstimme entscheiden sich die Wähler nicht für eine Person, sondern für die Landesliste einer Partei. Auf dieser Liste stehen die Kandidaten, die eine Partei für das Bundesland nach Berlin schicken möchte.

Dabei kommt es auf die Reihenfolge der Kandidaten auf der Liste an, denn die Parteien entsenden ihre Kandidaten im Verhältnis zu ihren gewonnenen Zweitstimmen nach Berlin. Wer oben steht, kommt eher dran.

Bei der Sitzverteilung im Bundestag gilt dann folgendes: Zuerst werden die Plätze an die Direktkandidaten einer Partei vergeben. Dann folgen die Kandidaten von den Landeslisten.

Vereinfacht gesagt, kommt die eine Hälfte der Abgeordneten also über die Erststimme in den Bundestag. Die Gesamtzahl der Sitze, die eine Partei im Bundestag erhält, wird dagegen durch die gewonnenen Zweitstimmen bestimmt.