Wie zieht man Entzündungen aus dem Körper?

Wie zieht man Entzündungen aus dem Körper?
Der Einkauf auf dem örtlichen Markt ist die ideale Voraussetzung für eine gesunde Ernährung. © Diakoneo

Grundsätzlich gilt: eine überwiegend vegetarische und pflanzenbetonte Ernährungsweise stellt eine Versorgung mit entzündungshemmenden Stoffen sicher. Je bunter und vielfältiger der Speiseplan, desto besser. „Nicht zuletzt leisten natürlich auch Bewegung, Entspannung sowie gezielter Stressabbau einen wichtigen Beitrag zur Vermeidung von Entzündungsprozessen im Körper,“ so Rößler.

Das Immunsystem kämpft gegen die Entzündungen

Da stille Entzündungen schmerzfrei verlaufen, sind oftmals Verhaltenssymptome, sogenannte „sickness-behaviour“, also ein typisches Krankheitsverhalten symptomatisch. „Ständige Abgeschlagenheit, sozialer Rückzug oder Antriebslosigkeit können hier erste Anzeichen sein“, weiß Rößler. Was dabei im Körper genau passiert, erklärt der Ernährungstherapeut so: „Wenn unser Körper gegen Entzündungen ankämpft, setzt das Immunsystem aggressive Radikale frei, die nicht nur Krankheitserreger wie beispielsweise Viren und Bakterien bekämpfen, sondern auch gegen das eigene Gewebe aktiv werden können.“ 

Das gefährliche bei solchen Entzündungen: Wir bemerken sie erst, wenn Folgeerkrankungen auftreten.

Dauern die Entzündungen längere Zeit an, können sich dadurch zum Beispiel die inneren Wände unserer Blutgefäße verändern – ein erster Vorbote für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Je länger die Entzündungen andauern, desto wahrscheinlicher wird es, dass unsere Zellen angegriffen werden. Forschungen weisen auch auf mögliche Folge- bzw. Begleiterkrankungen wie Depressionen, Adipositas oder Typ 2 Diabetes hin. „Das ist das gefährliche bei solchen Entzündungen. Wir bemerken sie erst, wenn Folgeerkrankungen auftreten.“


Wie zieht man Entzündungen aus dem Körper?
Eine pflanzenbasierte Ernährung mit regionales Produkten hilft gegen stille Entzündungen.


Was kann man gegen stille Entzündungen tun?


Gesundes und abwechslungsreiches Essen ist erster Baustein hierfür. Weitere wichtige Bausteine sind Bewegung und der richtige Umgang mit Stress. Bert Rößler erklärt: „Reichlich und vielfältige pflanzliche Ernährung und vor allem Frischkost, sind schon einmal eine gute Grundlage. Das Gemüse sollte dabei möglichst schonend gegart oder gedämpft werden. Am besten würzt man auch mit reichlich frischen Kräutern und kann so auf zu viel Salz in der Ernährung verzichten.
Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte und native (Omega-3-reiche und Omega-6-arme) Pflanzenöle runden die antientzündliche Ernährung ab.“ Aber auch tierische Produkte dürfen auf den Speiseplan. „Hier ist aber wichtig, auf die Qualität der Produkte zu achten – hochwertiges Fleisch oder Eier aus Freilandhaltung sind hierfür Beispiele.“ Wenn man sich selbst also an die aktuellen Empfehlungen der Fachgesellschaften hält, ist man gut aufgestellt und beugt aktiv vor.

Wie zieht man Entzündungen aus dem Körper?
Dipl. oec. troph. FH Bert Rößler

Bert Rößler ist Ernährungsberat-er/DGE, Kursleiter Progressive Muskelentspannung und Ordnungstherapeut/Mind-Body-Medizin am Komplementär-medizinischen Zentrum am Diak Klinikum in Schwäbisch Hall.

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15.10.2019, 15:41 Uhr 4 Min. Lesezeit

Alzheimer, Depressionen, Diabetes Typ 2 und Arteriosklerose: All diese Krankheiten können durch stumme Entzündungen im Körper entstehen und gefördert werden. Die richtige Ernährungsweise lässt die chronische Überreizung des Immunsystems abklingen.

Es ist eine Erkrankung wie ein kalter Schwelbrand: Sie tut nicht weh, man hat kein Fieber, keine Schwellungen oder Rötungen. Sie läuft still und heimlich im Körperinneren ab. Weltweit erforschen Wissenschaftler das Phänomen der niedrigschwelligen, chronischen Entzündungen, "low grade inflammation" genannt. Dabei reagiert das Immunsystem, besonders der angeborene, unspezifische Teil, überreizt. Im Gegensatz zu einer akuten Entzündung klingt dieser Zustand nicht ab sondern bleibt bestehen. Sie ist eine Vorstufe zu vielen unterschiedlichen Krankheiten, doch oft bleibt sie unbemerkt. Das macht es so wichtig, mit dem richtigen Lebensstil vorzubeugen.

Die Botenstoffe, die immer wieder Luft in die Glut blasen, sind sogenannte Zytokine wie Interleukin- 1 oder Tumor-Nekrose-Faktor-Alpha: Sie zirkulieren ständig im Blut und können dazu führen, dass Zellen auf das Hormon Insulin aus der Bauchspeicheldrüse schwächer ansprechen – diese "Insulinresistenz" ist eine Vorstufe zu Diabetes Typ 2. In den Arterien fördern Zytokine die Entstehung von Ablagerungen, sie lassen außerdem sogenannte Schaumzellen wachsen. Beides verengt ("verkalkt") die Gefäße und erhöht so das Risiko für einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Auch das Gehirn reagiert auf die Entzündungsstoffe – es scheint, als könnten sie Entstehung und Fortschreiten von Alzheimer begünstigen. Selbst auf unsere Psyche nehmen die Zytokine Einfluss; Forscher der Uniklinik Leipzig fanden bei depressiven Patienten erhöhte Blutwerte dieser Stoffe. Als wäre all das noch nicht genug, beschleunigen die stummen Entzündungen auch noch das Altern: "Chronische, niedrigschwellige Entzündungen sind einer der wichtigsten Gründe für degenerative Prozesse und damit für die Alterung. Daher sprechen wir auch von Inflamm-Aging", sagt Cornel Sieber, Direktor des Instituts für die Biomedizin des Alterns an der Friedrich-Alexander Universität Erlangen-Nürnberg. "Der entzündliche Botenstoff-Mix fördert die Bildung freier Radikale, löst also oxidativen Stress aus, der wiederum die verschiedensten Gewebe schädigen kann. So wird außer den genannten chronischen Erkrankungen auch Osteoporose, Rheuma oder Arthritis gefördert."

Folgen der "Western Diet"

Einerseits scheinen die stummen Entzündungen eine normale Folge des Alterungsprozesses zu sein, sie werden jedoch verstärkt durch den Lebensstil der modernen westlichen Gesellschaften – das zeigen inzwischen mehrere Studien. Einer der Hauptgründe für ein Zuviel an Zytokinen ist unser Fettgewebe, besonders im und am Bauch. Es schüttet die Botenstoffe vermehrt aus. Doch nicht nur das sichtbare Ergebnis falscher Ernährung, auch süße Snacks an sich befeuern das Geschehen: Wenn nach einem Donut oder einer Limonade viel Zucker und dadurch viel Insulin im Blut schwimmt, kann das schon einen Anstieg von Entzündungsfaktoren und oxidativem Stress bewirken.

Auch ein Zuviel an gesättigten Fettsäuren kann die Zellen des Immunsystems provozieren, Entzündungsmarker auszusenden. "Diese Zellen sind in der Lage, übermäßige Konzentrationen an gesättigten Fettsäuren zu erkennen", sagt Joachim Schultze, Leiter der Abteilung für Genomik und Immunregulation am Limes-Institut der Universität Bonn. "Bei regelmäßiger hoher Exposition reagieren sie mit einer entzündlichen Reaktion auf diesen Reiz." Der westliche Ernährungsstil enthält viele gesättigte Fette aus Wurst und Fleisch, dazu viel Zucker, Cholesterin und Salz. Damit nimmt er doppelt Einfluss auf das Immungeschehen: Indirekt durch die Erhöhung des Gewichts und des Bauchfetts – und direkt, indem diese Stoffe das Immunsystem reizen. Verbringt ein Mensch außerdem viel Zeit sitzend auf dem Sofa oder vor dem Computer, schadet das doppelt: Der Körper lagert mehr Fett ein, und ihm entgeht ein einfaches Instrument, die Entzündungsstoffe herunterzuregulieren: Sport. Nicht nur bei Normalgewichtigen, sogar bei übergewichtigen Menschen senkt er den Blutgehalt der gefährlichen Botenstoffe. Selbst bei sehr alten Menschen bewirken Bewegung und eine Ernährungsumstellung, dass die Entzündungsmarker im Blut sinken.

Lebensmittel können nicht nur eine Antwort des Immunsystems provozieren – sie können auch helfen, es wieder herunterzufahren. "Ein ganz wichtiger Faktor sind Antioxidantien", sagt Sieber. "Denn auch oxidative Prozesse rufen Entzündungen hervor." Antioxidantien bremsen die Reaktion von Zellbestandteilen mit Sauerstoff, zu den wichtigsten gehören die Vitamine C, E und A und bioaktive Pflanzenstoffe wie Flavonoide. Gelangen viele dieser Fänger von freien Radikalen in unseren Stoffwechsel, steigt die Fähigkeit des Körpers messbar, sich gegen gefährliche Sauerstoffverbindungen zu wehren. Deshalb zur Vitaminpille zu greifen ist allerdings keine gute Idee, denn Studien zeigen, dass hoch dosierte Vitamin-Supplemente die Gesamtsterblichkeit eher erhöhen als senken.

Die Faustregel gegen Entzündungen

Ein gute Faustregel, um ausreichend Entzündungshemmer und Antioxidantien zu sich zu nehmen, sind laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung (DGE) drei Portionen Gemüse und zwei Portionen Obst pro Tag zu essen: vor allem Beeren, grüne Blattgemüse und Kohl, außerdem rote und gelbe Früchte und Gemüse. Auch Nüsse liefern reichlich davon, dazu Vitamin E; Walnüsse und Cashewkerne enthalten zudem Tryptophan, eine Aminosäure, die regulierend in Immunreaktionen eingreifen kann. Walnüsse, Lein- und Rapsöl enthalten als pflanzliche Omega-3-Fettsäure die sogenannte Alpha-Linolensäure: Sie wird im Stoffwechsel zu Eicosapentaensäure und Docosahexaensäure umgebaut. Die wiederum verhindern die Bildung entzündungsfördernder Botenstoffe, gleichzeitig sind sie Bausteine für entzündungshemmende Stoffe. Beide Säuren finden sich auch direkt in fettreichen Fischen wie Lachs, Makrelen oder Thunfisch.

Ebenfalls wichtig: Ballaststoffe, Lieblingsfutter unserer Darm-Mitbewohner (Mikrobiota), die daraus Butyrate und andere kurzkettige Fettsäuren produzieren. Die halten nicht nur die Darmschleimhaut gesund, sie sind auch aktiv an der Regulation des Immunsystems beteiligt. Wissenschaftler der Universität von Illinois konnten kürzlich zeigen, dass Butyrate sogar Entzündungsprozesse des Gehirns vermindern können.

Dafür braucht es zum Glück nicht mal einen ausgeklügelten Speiseplan. "Es hilft, wenn man sich ausgewogen und eher mediterran ernährt, also mit viel Obst und Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, Nüssen und Fisch", sagt Cornel Sieber. "Das reicht völlig, um Entzündungsprozesse so gering wie möglich zu halten." Eine aktuelle Studie des Karolinska-Instituts in Schweden gibt ihm Recht. Wissenschaftler werteten die Daten von über 68.000 Versuchspersonen aus, die über 16 Jahre beobachtet wurden, und kamen zu dem Schluss: Wer sich an die oben beschriebene Kost (auch "anti- inflammatory diet" genannt) hält, dazu auf rotes Fleisch, Wurst, Chips und Softdrinks verzichtet, lebt länger und bekommt seltener einen Herzinfarkt oder Krebs. Übrigens: Zur entzündungsdämpfenden Kost zählten die schwedischen Wissenschaftler auch Tee, Kaffee und dunkle Schokolade – sie alle enthalten eine Menge Antioxidantien. Wann nimmt ein Bericht über Ernährung schon mal so ein gutes Ende?