Adèle und das geheimnis des pharaos 2

Es ist selten erquicklich, wenn beim Sehen eines Films im Kopf parallel der Phantomfilm abläuft, der er hätte sein können. Vor zehn Jahren, als die beiden Männer sich noch besser als heute verstanden, besuchte Comicautor Jacques Tardi seinen Nachbarn Jean-Pierre Jeunet, als dieser beim Schnitt von »Die fabelhafte Welt der Amélie« saß. »Das ist Adèle!«, soll Tardi ausgerufen haben, als er Audrey Tautou sah. Man muss nur zur Hälfte bedauern, dass es nicht so gekommen ist. Tardis Adèle ist eine reizvolle, aber wenig gewinnende Figur, eine unerschrockene Romanschriftstellerin und moderne, emanzipierte Heldin. Mit bezaubernd anachronistischer Coolness trotzt sie den archaischen, vorzeitlichen Verheerungen, die über das Paris der Belle Époque hereinbrechen. Der beherzten Tautou hätte dazu der entscheidende Hauch nüchterner Impertinenz gefehlt. Louise Bourgoin, ehemalige Wetterfee, ist zwar viel zu hübsch, um dem Original mit der stets argwöhnisch verkniffenen Miene zu ähneln. Aber sie besitzt jene Trockenheit, auf die der Nachname von Tardis Heldin verweist. Andererseits: Hätte doch bloß Jeunet statt Luc Besson Regie geführt bei der Verfilmung ihrer Abenteuer!

Was Luc Besson wiederum daran gereizt hat, ist zugleich rätselhaft und kein Geheimnis. Seine Adaption ist nicht die eines hingebungsvollen Bewunderers. Eher wird ihn die Aussicht verlockt haben, ein Franchise begründen zu können. Aber nach dem kapitalen Misserfolg an französischen Kinokassen wird daraus nun wohl nichts.

Das ist schade, denn der Fortsetzungscharakter ist den Abenteuern von Tardis Heldin eingeschrieben. Sie sind eine Hommage an das große Zeitalter des Feuilletonromans von Eugène Sue, Maurice Leblanc und Gaston Leroux, an dessen Ende im frühen 20. Jahrhunderts sie angesiedelt sind. Das serielle Erzählen ist bedauerlicherweise aber auch zur Spezialität Bessons geworden, seit er nur noch Gelegenheitsregisseur ist. Er produziert am Fließband und rühmt sich, jeden Tag fielen ihm mindestens zwei Ideen für ein Drehbuch ein. Entsprechend hingerotzt wirken die fertigen Filme dann meist auch. Die Gabe der Originalität, die ihn einst auszeichnete, ist dem Talent zur hastigen Synthese gewichen. Er greift verschiedene Motive aus Tardis Alben auf, vor allem aus »Adèle und das Ungeheuer« und »Aufstand der Mumien«, wirbelt sie durcheinander und fabuliert dann meist in eine ganz andere Richtung als Tardi weiter. Allerdings respektiert er einige Rituale, die dem treuen Leser liebgeworden sind, etwa das nächtliche Bad, bei dem sich Adèle entspannt und regelmäßig die Ereignisse rekapituliert.

Die erfindungsreiche Sorgfalt, mit der Jeunet seinen Blick in Mathilde in diese Epoche hinein versenkte, hätte ihn eigentlich für die Verfilmung disponiert. Er hätte der Topographie von Paris, die Tardi so teuer ist, größere Aufmerksamkeit geschenkt. Bei ihm wäre die Wiedergeburt eines urzeitlichen Flugsauriers und einer Mumienarmee nicht zum bloßen Spezialeffekt, sondern gewitzten Kulturschock geworden. Aber bei »Mathilde«, der mitunter wie eine Tardi-Adaption anmutet, kam es zum Bruch zwischen beiden. Wie es eben manchmal passiert, wenn sich die Universen zweier Künstler zu nahe sind.

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