Welche länder gehörten zu jugoslawien

Kategorie: Europa

Ehemaliges Jugoslawien Nachfolgestaaten:

Welche länder gehörten zu jugoslawien

  Land: Hauptstadt:  Fläche:
1 Slowenien Ljubljana 20.253 km²
2 Kroatien Zagreb 56.542 km²
3 Bosnien und Herzegowina Sarajevo 51.129 km²
 Serbien Belgrad 88.361 km²
5 Montenegro Podgorica 13.812 km²
Kosovo Pristina 10.887 km²
7 Mazedonien  Skopje 25.713 km²

Ehemaliges Jugoslawien Nachfolgestaaten Entstehung:

Als Folge des Bürgerkrieges im ehemaligen Jugoslawien von 1991 bis 2001 zerbrach das Land in 7 Kleinstaaten.

Dies sind im Folgenden: Slowenien, Kroatien, Bosnien und Herzegowina, Serbien, Montenegro, Kosovo und Nordmazedonien.

Während die meisten Kleinstaaten mit großen wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben, prosperieren die nördlichen Kleinstaaten Slowenien und Kroatien.

Neben den wirtschaftlichen Problemen gibt es gerade in Bosnien und Herzegowina Spannungen zwischen den verschiedenen Ethnien.

Dies rührt auch von dem im jugoslawischen Bürgerkrieg begangenen Kriegsverbrechen (Massaker von Srebrenica 1995) her.    

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Ehemaliges Jugoslawien Nachfolgestaaten Übungsblatt

Ehemaliges Jugoslawien Nachfolgestaaten Merkblatt

[1] Zoran Janjetović: Die Donauschwaben in der Vojvodina und der Nationalsozialismus. In: Mariana Hausleitner, Harald Roth (Hg.): Der Einfluss von Faschismus und Nationalsozialismus auf Minderheiten in Ostmittel- und Südeuropa. München 2006 (Veröffentlichungen des Instituts für deutsche Kultur und Geschichte Südosteuropas an der LMU München, Wissenschaftliche Reihe: Geschichte und Zeitgeschichte 107), S. 219–235, hier S. 220.

[2] Böhm: Die Deutsche Volksgruppe, S. 67. Nach: Alfred Bohmann: Bevölkerung und Nationalitäten in Südosteuropa. Köln 1969, S. 236.

[3] Böhm: Die deutsche Volksgruppe, S. 161.

[4] Herwig Roggemann: Vom jugoslawischen Verfassungskonflikt zum neuen Balkankrieg. In: Holm Sundhaussen (Hg.): Südosteuropa zu Beginn der neunziger Jahre. Reformen, Krisen und Konflikte in den vormals sozialistischen Ländern. Berlin 1993, S. 109–147.

[5] Vgl. Janjetović: Die Donauschwaben (Anm. 1), S. 234.

[6] Vgl. Edgar Hösch, Karl Nehring, Holm Sundhaussen (Hg.): Lexikon zur Geschichte Südosteuropas. Wien 2004, S. 204.

[7] Immo Eberl: Vertriebenenverbände: Entstehung, Funktion, Wandel. In: Mathias Beer (Hg.): Zur Integration der Flüchtlinge und Vertriebenen im deutschen Südwesten nach 1945. Bestandsaufnahme und Perspektive der Forschung. Sigmaringen 1994, S. 211–234, hier S. 223.

[8] Webauftritt des „Hauses der Donauschwaben Sindelfingen“: www.haus-donauschwaben.de/wordpress/ (18.12.2014).

[9] Hösch, Nehring, Sundhaussen (Hg.): Lexikon (Anm. 6), S. 323.

[10] Serben, Kroaten, Slowenen, Montenegriner, Mazedonier und seit den 1960er Jahren auch die Muslime (Bosniaken) galten in Jugoslawien als Nationen (narod). Albaner, Ungarn, Deutsche etc. hatten hingegen lediglich den Status einer Nationalität (narodnost), da sie außerhalb Jugoslawiens einen eigenen Nationalstaat besaßen.

[11] Aus: Sundhaussen: Geschichte Jugoslawiens, S. 218.

[12] Florian Bieber: Nationalismus in Serbien vom Tode Titos bis zum Ende der Ära Milošević. Wien 2005 (Wiener Osteuropa-Studien 18), S. 17.

[13] Pascal Goeke: Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien in Europa seit 1991. In: Klaus J. Bade, Pieter C. Emmer, Leo Lucassen, Jochen Oltmer (Hg.): Enzyklopädie Migration in Europa. Vom 17. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Zürich 2007, S. 578–585, hier S. 578.

[14] Vgl. hierzu: Robert Kaplan: Balkan Ghosts. A Journey through History. New York 2005 [Erstausgabe 1993].

[15] Peter Imbusch: Der Staatszerfall Jugoslawiens. In: Ders., Ralf Zoll (Hg.): Friedens- und Konfliktforschung. Eine Einführung. Wiesbaden 2006, S. 221–248, hier S. 222.

[16] Laut Imbusch wird durch Bezeichnungen wie Bürger- und Bruderkrieg vergessen, dass durch „die sukzessive Anerkennung der Teilrepubliken als souveräne Staaten durch die Völkergemeinschaft ein internationaler Konflikt“ geworden ist (Imbusch: Staatszerfall [Anm. 15], S. 221).

[17] Maria Todorova wiederum kritisierte, dass die postjugoslawischen Kriege als „balkanische“ Konflikte wahrgenommen und gar von Balkankriegen gesprochen wurde, beschränkten sich die kämpferischen Handlungen doch auf das Gebiet der Nachfolgestaaten Jugoslawiens. Vgl. Maria Todorova: Imagining the Balkans. 2. Aufl. Oxford 2009 [1997], S. 136.

[18] Edgar Hösch: Geschichte der Balkanländer. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart. München 2008, S. 283.

[19] Imbusch: Staatszerfall (Anm. 15), S. 232.

[20] Das Büro des „United Nations High Commissioner for Refugees (UNHCR)“ spricht von schätzungsweise 2,5 Millionen Menschen, die aus Bosnien-Herzegowina geflohen sind. Bei ungefähr 1,3 Millionen handelte es sich um Binnenvertriebene. Etwa 500.000 Personen fanden in Nachbarländern Zuflucht und 700.000 Flüchtlinge gingen nach Westeuropa. Vgl. UNHCR: Zur Lage der Flüchtlinge in der Welt – UNHCR-Report 2000/2001. Bonn 2000, S. 249.

[21] Croatian Bureau of Statistics: Population by ethnicity, by Towns/Municipalities. In: Census of Population 2011, Households and Dwellings. Zagreb 2006–2014. URL: www.dzs.hr/default_e.htm (Abruf 28.10.2014).

[22] Statistical Office of the Republic of Serbia: Chapter 4: Religion, Mother Tongue and Ethnicity. In: 2011 Census of Population, Households and Dwellings in the Republic of Serbia. Date by municipalities and cities. Belgrade 2013, S. 33, S. 100. URL: pod2.stat.gov.rs/ObjavljenePublikacije/Popis2011/Knjiga4_Veroispovest.pdf (Abruf 28.10.2014).

[23] Statistical Office of the Republic of Slovenia: 7. Population by Ethnic Affiliation, Slovenia Census 1953, 1961, 1971, 1981, 1991 and 2002. In: Census of Population, Households and Housing 2002. Ljubljana 2003, S. 4. URL: www.stat.si/popis2002/gradivo/si-92.pdf (Abruf 28.10.2014).

[24] Mira Beham: Kriegstrommeln. Medien, Krieg und Politik. München 1996, S. 157.

[25] Vgl. Beham: Kriegstrommeln (Anm. 24), S. 157–158.

[26] Zala Volcic: Serbian Spaces of Identity. Narratives of Belonging by the Last ,Yugo‘ Generation. New York 2011, S. 131.

Unter den Jugoslawienkriegen versteht man eine Serie von Kriegen in den 1990er Jahren, die zu den blutigsten Auseinandersetzungen Europas seit Ende des Zweiten Weltkriegs zählen. In diesen Kriegen auf dem Balkan kam es zu verheerenden Völkermorden, Massakern und Kriegsverbrechen. Insgesamt waren über 200.000 Tote zu beklagen. Hinzu kamen mehrere Millionen Flüchtlinge und Vertriebene. Bis heute birgt die Region des ehemaligen Vielvölkerstaates Konfliktpotenzial.

Gegen Ende des Kalten Krieges zeichnete sich Ende der 1980er Jahre nicht nur der Zerfall der Sowjetunion ab. Auch im Vielvölkerstaat Jugoslawien bahnten sich ähnliche Auflösungsbestrebungen an. Die damalige „Sozialistische Föderative Volksrepublik Jugoslawien“ setzte sich aus sechs Teilrepubliken zusammen: Serbien, Kroatien, Bosnien-Herzegowina, Mazedonien, Slowenien und Montenegro. Dabei war Serbien die größte unter den Teilrepubliken und hatte eine historisch gewachsene Vormachtstellung inne. Allerdings lebten nur 60 Prozent der Serben auch tatsächlich in der Teilrepublik Serbien; die restlichen Serben waren in anderen Teilrepubliken ansässig, vor allem in Bosnien und Kroatien, weshalb gerade diese Regionen zu den hauptsächlichen Kriegsschauplätzen zählen sollten.

Nachdem im Zuge des Slowenien-Kriegs bereits deutlich wurde, dass ein Erhalt Jugoslawiens nicht möglich war, strebte der damalige Präsident Slobodan Milosevic fortan die Schaffung eines „Großserbiens” durch den Anschluss der mehrheitlich serbisch besiedelten Gebiete an Serbien an. Um seine Ziele zu erreichen war ihm und seinen Mitstreitern jedes Mittel recht. In den von Serben eroberten Territorien hatten „ethnische Säuberungen“ bereits ab 1990/91 eingesetzt. Der Begriff wird seither insbesondere mit den Gräueltaten und Verbrechen der Jugoslawienkriege assoziiert. Um einen „großserbischen” Staat errichten zu können, sollten die Bosniaken und Kroaten aus jenen Teilen Bosniens und Kroatiens verschwinden, in denen viele Serben lebten. So kam es Anfang der 1990er Jahre zum Kroatienkrieg und Bosnienkrieg. Aber auch die Kroaten und Bosnier ihrerseits gingen ähnlich grausam vor in ihren Bestrebungen, die anderen Ethnien auszulöschen. Ende der 1990er Jahre kam der Kosovokrieg hinzu, im Zuge dessen die dort lebenden Albaner durch das serbische Regime aus dem Gebiet ausgelöscht werden sollten.

Milosevic gilt gemeinhin als Drahtzieher in den Jugoslawienkriegen. Er hatte einen großen Anteil der Gräueltaten und Menschenrechtsverletzungen zu verantworten, weshalb er 1999 auch als Kriegsverbrecher vor dem Kriegsverbrechertribunal in Den Haag angeklagt wurde, ebenso wie weitere damalige Machthaber und Generäle Kroatiens und Bosniens wie etwa Radovan Karadzic und Ratko Mladic, damaliger Machthaber und Militärchef der bosnischen Serben oder der kroatische General Ante Gotovina, der wegen Kriegsverbrechen gegen die serbische Bevölkerung in Kroatien angeklagt wurde.

Durch schlagkräftige – allerdings bis heute völkerrechtlich umstrittene – Kampfeinsätze der NATO konnten die Kriege auf dem Balkan im Jahr 1999 schließlich beendet werden. Zur Kontrolle und Stabilisierung der Region blieben über Jahre hinweg NATO-Friedenstruppen und Schutztruppen in der Region. Im Kosovo sind die KFOR-Truppen der NATO bis heute vor Ort. Auch was einen zukünftigen Beitritt Serbiens und Kosovos in die EU anbelangt, ist dieser abhängig von einer Normalisierung der Beziehungen der beiden Länder. Bis heute gibt es noch Spannungen, die vollends überwunden werden müssen.

Was genau sind eigentlich „Kriegsverbrechen”? Ist Krieg nicht per se und immer ein Verbrechen? Wo verläuft die Grenze zum Kriegsverbrechen? Wie können Völkerrechtsverbrechen auf nationaler und internationaler Ebene geahndet werden? Das Dossier „Kriegsverbrechen” möchte Begrifflichkeiten klären und unterschiedliche Möglichkeiten der Gerichtsbarkeit vorstellen, um dann konkrete Beispiele von Völkerrechtsverbrechen aufzuzeigen.

Dossier „Kriegsverbrechen”

Nach dem Ersten Weltkrieg entstand auf dem Balkan das Königreich Jugoslawien unter Peter I., der zuvor über das Königreich Serbien geherrscht hatte. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstand im Jahr 1945 die „Föderative Republik Jugoslawien“. Es handelte sich um eine kommunistische Diktatur unter Josip Broz Tito, der von 1945 bis 1980 die Republik führte.

Im Lauf der Geschichte hatte es immer wieder Spannungen und zum Teil blutige Auseinandersetzungen zwischen den verschiedenen ethnischen Volksgruppen auf dem Balkan gegeben. Schon seit den 1970er Jahren kam es zu vereinzelten Forderungen nach Selbstständigkeit und Unabhängigkeit. Auch schon in Titos sozialistischem Jugoslawien gab es also unterschwellige nationalistische Strömungen. Weil so viele unterschiedliche ethnische und religiöse Völker in einem Völkerstaat zusammenlebten – orthodoxe Serben, katholische Kroaten, muslimische Bosniaken und noch einige andere –, barg allein dies schon ein erhebliches Konfliktpotenzial.

1980, nach dem Tod Titos, der als jugoslawischer Staatschef die Position der Albaner in Jugoslawien gestärkt und die der Serben eingegrenzt hatte, ging die politische Führung Jugoslawiens auf ein im Rotationsprinzip regierendes Präsidium über, das aus den acht Vertretern der Republiken und Autonomen Provinzen bestand. Zwangsläufig kam es somit nach seinem Tod zum Zerbrechen des Staates.

Die Wirtschaftskrise in den 1980er Jahren führte zu einer deutlichen Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage, und ein ökonomisches Ungleichgewicht zwischen den nördlichen Republiken (Slowenien, Kroatien) und den südlichen Republiken führte zu Unzufriedenheit und Disputen über die Rolle der einzelnen Republiken. Vor diesem Hintergrund und einer schleichenden Entlegitimierung des politischen Systems zeichneten sich zwei gegensätzliche politische Strömungen ab: auf der einen Seite die Verfechter einer Liberalisierung von Wirtschaft und Politik (vertreten vor allem durch Politiker in Slowenien), auf der anderen die Befürworter einer Rezentralisierung und Stärkung des Bundesstaats (angeführt von Politikern in Serbien).

Nachdem Slobodan Milosevic 1988 zum Präsidenten ernannt worden war, verfolgte er die Bildung eines zentralistischen, serbisch dominierten Jugoslawien. Dies beinhaltete auch die Forderung nach verstärktem Schutz der Serben außerhalb Serbiens, die verstreut in den anderen Teilrepubliken lebten.

Nach dem Untergang der kommunistischen Regime 1989/90 kam es zu Separationsbestrebungen, die Anfang der 1990er Jahre in die Abspaltung und Unabhängigkeit der Teilrepubliken mündeten. Diese Abspaltungsprozesse gingen mit erheblichen Konflikten einher, die zu gewaltvollen Auseinandersetzungen eskalierten und in einer Serie von blutigen Kriegen endeten – und bis heute noch Konfliktpotenzial bergen.

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Der Krieg in Slowenien gilt als Beginn der gewaltsamen Auseinandersetzungen im ehemaligen Jugoslawien. Nachdem im April 1990 die ersten freien Parlaments- und Präsidentschaftswahlen abgehalten wurden, sprachen sich die Slowenen in einem Referendum im Dezember 1990 mit einer großen Mehrheit von 88 Prozent für ihre Unabhängigkeit und Eigenstaatlichkeit aus.

Am 25. Juni 1991 erfolgte schließlich die Unabhängigkeitserklärung Sloweniens. Unmittelbar danach übernahmen die slowenischen Streitkräfte die Kontrollen der Grenzen. Die jugoslawische Volksarmee hingegen wurde vom damaligen Ministerpräsidenten Ante Markovic ihrerseits ermächtigt, die Staatsgrenzen an allen Grenzübergängen zu schützen.

Am 27. Juni begannen die Kämpfe, die zehn Tage lang andauern sollten, weshalb dieser Krieg auch als „Zehntagekrieg” bezeichnet wird. Der Slowenienkrieg forderte im Vergleich zu den noch folgenden Kriegen jedoch relativ wenige Opfer. Die Slowenen verfügten über recht gut aufgestellte Truppen und bereiteten sich gut auf einen Angriff der jugoslawischen Volksarmee vor; die serbische Luftwaffe konnte nur bedingt eingreifen. Und da Slowenien im Gegensatz zu anderen Teilrepubliken ethnisch vergleichbar einheitlich ist und nur wenige Serben, Kroaten und Bosniaken dort leben, war das Konfliktpotenzial nicht so groß wie in den anderen Jugoslawienkriegen.

Friedensabkommen

Am 7. Juli wurde der Slowenienkrieg mit der Vereinbarung eines Waffenstillstandes beendet. Der Frieden wurde im Brioni-Abkommen festgehalten. Die Brioni-Deklaration eröffnete einen friedlichen Weg aus den Konflikten. Sie legte die Einstellung der Kämpfe in Slowenien und den Rückzug der Jugoslawischen Volksarmee vom slowenischen Territorium fest. Die Vereinbarung ist nach der kroatischen Insel Brioni benannt, wo die Konfliktparteien auf Vermittlung der Europäischen Gemeinschaft (EG) – dem Vorläufer der EU – zu Verhandlungen zusammengetroffen waren.

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Der Kroatienkrieg begann wie der Slowenienkrieg im Jahr 1991, ging jedoch über mehrere Jahre und dauerte bis 1995 an. Auch in Kroatien kam es zuvor im Frühjahr 1990 zu ersten freien Wahlen und 1991 zu einem Referendum, bei dem sich 94,7 Prozent der Abstimmenden für eine Loslösung der Republik Kroatien von der Föderativen Republik Jugoslawien aussprachen. Die in Kroatien lebenden Serben, die rund zwölf Prozent der Bevölkerung ausmachten (heute liegt der Anteil nur noch bei rund fünf Prozent), boykottierten das Referendum, da sie in der neuen Verfassung Kroatiens nicht mehr explizit erwähnt wurden und sich zu einer nationalen Minderheit degradiert fühlten. So versuchten sie die Unabhängigkeitsbestrebungen mit allen Mitteln zu verhindern. Am 25. Juni 1991 verkündete Kroatien (und Slowenien) einseitig seine Unabhängigkeit vom jugoslawischen Bundesstaat.

Zu ersten Auseinandersetzungen zwischen kroatischen Einheiten und serbisch-paramilitärischen Kräften war es jedoch laut Bericht des UN-Sicherheitsrates bereits im Sommer 1990 gekommen. Es wurde von „Vorkommnissen mit Bomben und Minen” sowie von Angriffen auf kroatische Polizeikräfte berichtet. Die Auseinandersetzungen im Kroatienkrieg erfolgten zwischen der kroatischen Armee auf der einen Seite und der Armee der selbstproklamierten „Republik Serbische Krajina“ auf der anderen. Diese wurde militärisch von der Jugoslawischen Volksarmee, serbischen paramilitärischen Einheiten sowie durch die Serbische Freiwilligengarde unterstützt.

Nach den Erfahrungen mit dem Slowenienkrieg waren die Volksarmee und die serbischen Einheiten nun besser auf einen Krieg vorbereitet. Aber auch die kroatische Armee war gut gerüstet. Im Laufe des Jahres 1991 kam es zu mehreren Kampfhandlungen, die im Herbst mit der Schlacht um Vukovar und der Schlacht von Dubrovnik ihren Höhepunkt erreichten.

Im November 1991 kam es im Ort Skabrnja nahe Zadar zu einem Massaker der Jugoslawischen Volksarmee (JNA) und lokaler serbischer Freischärlerverbände an der dort lebenden Bevölkerung, Insgesamt wurden während des Kroatienkrieges 82 Einwohner von Škabrnja getötet. Für das Massaker von Skabrnja wurden die beiden früheren Führungsköpfe der Serben in Kroatien, Milan Babic und Milan Martic, vom Kriegsverbrechertribunal ICTY in Den Haag verurteilt

Aufgrund der Ausgeglichenheit der Kräfte kam es vorübergehend zu einem Waffenstillstand, der jedoch nicht lange anhielt. In den Gebieten Kroatiens, die mehrheitlich von Serben bewohnt waren, wuchs die Angst vor einem drohenden Legitimitätsverlust. So gründeten sie Milizen und versuchten als serbische Freiheitskämpfer die Gebiete unter ihre Kontrolle zu bringen. Ihr Ziel war es, die eroberten Gebiete an den restlichen Teil Jugoslawiens anzuschließen, um den völkerrechtlichen Status Serbiens zu bewahren. Ende 1991 gründete sich die „Republik Serbische Krajina“, kurz PCK/RSK. Sie war ein international nicht anerkanntes De-facto-Regime, das während des Kroatienkrieges mithilfe der gleichlautenden Armee etwa ein Drittel des kroatischen Staatsgebietes kontrollierte. Die kroatische Armee setzte immer wieder zu Gegenstößen an  und eroberte kleine Gebiete der Region zurück.

Der Krieg sollte noch bis 1995 andauern. Erst im August 1995 gelang es den Kroaten auf einen Schlag, das von Serben besetzte Gebiet der „Republik Serbische Krajina“ zurückzuerobern. Dabei wurden wiederum bis zu 200.000 Serben von den kroatischen Einheiten vertrieben beziehungsweise in die Flucht geschlagen.

Die kroatischen Generäle Ante Gotovina und Mladen Markac wurden zunächst wegen Kriegsverbrechen angeklagt. Im Jahr 2012  hob das UN-Kriegsverbrechertribunal in Den Haag unerwartet die von der ersten Instanz verhängten Gefängnisstrafen von 24 und 18 Jahren auf. In der Urteilsbegründung hieß es, die beiden Angeklagten hätten nicht die Vertreibung von über 200.000 Serben im August 1995 bei der Rückeroberung kroatischen Territoriums geplant. Die beiden Generäle wurden freigelassen. Die kroatische Militäraktion „Sturm"” sei im Sinne der  Selbstverteidigung legitim gewesen sei, so das Urteil.

Friedensplan

Trotz eines im Februar 1992 vereinbarten Waffenstillstandsabkommens in Sarajevo war es auch in den folgenden Jahren weiterhin zu Kampfhandlungen gekommen. Auch die zur selben Zeit beschlossene Friedensmission UNPROFOR der Vereinten Nationen (im Mai 1992 erlangte Kroatien die Mitgliedschaft) konnte die Konflikte zunächst nicht beenden

Aufgrund des steigenden internationalen Drucks akzeptierten die Konfliktparteien im Jahr 1995 schließlich ernsthafte Friedensverhandlungen. Mit dem „Abkommen von Erdut“ kam es im November 1995 zu einem Ende des Krieges.

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In der Teilrepublik Bosnien und Herzegowina lebten so viele unterschiedliche Volksgruppen wie nirgendwo sonst in Jugoslawien. So war es nicht einfach, alle Interessen auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und eine Regierung zu bilden, die alle vertritt. Die ersten freien Mehrparteienwahlen in Bosnien und Herzegowina Ende 1990 gewannen nationalistische Parteien, die die drei großen Ethnien vertraten. Sie einigten sich auf eine gemeinsame Regierung mit einem Bosniaken als Präsidenten, einem Serben als Parlamentspräsidenten und einem Kroaten als Ministerpräsidenten.

Nach den kriegerischen Auseinandersetzungen in Kroatien 1991 wuchsen auch die Spannungen in Bosnien und Herzegowina. So kam es im Jahr 1992 auch in Bosnien zum Krieg, der ebenfalls bis zum Jahr 1995 anhielt und mit rund 100.000 Toten die meisten Menschenleben forderte. Er gilt als der grausamste unter den Jugoslawienkriegen. Fast jeder fünfte Einwohner sollte im Laufe des Krieges getötet oder vertrieben werden.

Die in Bosnien und Herzegowina lebenden unterschiedlichen ethnischen Volksgruppen verfolgten ganz unterschiedliche Interessen. Die größte Bevölkerungsgruppe stellten die meist muslimischen Bosniaken, ein Drittel der Bevölkerung waren christlich-orthodoxe Serben und etwa 13 Prozent waren katholische Kroaten. Die serbische Bevölkerung war zu großen Teilen für einen Verbleib in der jugoslawischen Föderation und plädierte für einen Verbund mit Serbien. Die Kroaten aus der westlichen Herzegowina wollten sich dem neuen kroatischen Staat anschließen und die Bosniaken sprachen sich dafür aus, einen eigenen unabhängigen Staat zu bilden.

So war es nicht verwunderlich, dass sowohl die Bosniaken als auch die bosnischen Serben bald darauf jeweils ihre Unabhängigkeit erklärten. Die Serben machten den Anfang und riefen am 9. Januar 1992 die „Serbische Republik Bosnien-Herzegowina“ aus. Sie hatten Sorge, von der bosniakischen Mehrheit in dem neuen bosnischen Staat unterdrückt zu werden.

Bei einem in Bosnien und Herzegowina abgehaltenen Referendum am 1. März 1992 stimmen 99,4 Prozent der Wähler für die Unabhängigkeit. Am Referendum beteiligten sich hauptsächlich die Bosniaken, während die bosnischen Serben die Volksabstimmung boykottieren. Bereits zwei Tage später, am 3. März 1992, erklärte die „Republik Bosnien und Herzegowina“ – nach Slowenien und Kroatien – ebenfalls ihre Unabhängigkeit von der „Sozialistisch Föderativen Republik Jugoslawien“. Nach der internationalen Anerkennung der Unabhängigkeitserklärung von Bosnien und Herzegowina durch die Europäische Union und die Vereinigten Staaten von Amerika im April 1992 begann die militärische Eskalation zwischen den Konfliktparteien.

Die Serben kesselten die Hauptstadt von Bosnien und Herzegowina ein. Während der mehrjährigen Belagerung von Sarajevo starben etwa 11.500 Menschen. Die bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen den Kräften der ethnischen Gruppen wurden von den jeweiligen nationalistischen Gruppierungen angeheizt und von sogenannten „ethnischen Säuberungen“ begleitet. Alle Kriegsparteien begingen grausame Kriegsverbrechen, wobei die bosnische Bevölkerung am allermeisten litt und die Serben einen wahren Eroberungsfeldzug führten. Ganze Gemeinden wurden ausgelöscht und von der Landkarte gestrichen.

Am 11. Juli 1995 wurde die nahe zur Grenze Serbiens liegende Stadt Srebrenica von serbischen Truppen unter dem Kommando von General Ratko Mladiv und der Direktive des bosnisch-serbischen Führers Radovan Karadzic eingenommen. Nach der Eroberung begannen bosnisch-serbische Truppen damit, männliche Bewohner der Stadt systematisch zu erschießen. Rund 8.000 muslimische Männer fielen dem Genozid zum Opfer. Es war der schlimmste Völkermord in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg, der als Massaker von Srebrenica in die Geschichte einging.

Friedensplan

Bereits 1992 entsendeten die Vereinten Nationen Militärbeobachter der UNO-Schutztruppe UNPROFOR nach Bosnien-Herzegowina. Internationale Vermittlungsbemühungen konnten jedoch über lange Zeit den Krieg nicht eindämmen, so dass es in den folgenden Jahren zu anhaltenden kriegerischen Auseinandersetzungen kam. Im Frühjahr 1994 griff schließlich die NATO ein. Flugzeuge des Bündnisses schossen bosnisch-serbische Maschinen ab. Um UNO-Soldaten zu schützen, griffen NATO-Flugzeuge erstmals auch Bodenziele an.

Heftige internationale Kritik an den Vereinten Nationen gab es nach dem Massaker von Srebrenica 1995. Die UN hatten es nicht geschafft, die Zivilbevölkerung durch die UNPROFOR-Mission zu schützen. Den serbischen Truppen gelang es, die Stadt einzunehmen und Tausende zu ermorden, trotz UN-Schutztruppen vor Ort.

Ende 1995 waren die Kriegsparteien unter dem wachsenden internationalen Druck müde geworden und schließlich bereit, ernsthafte Verhandlungen über eine Beendigung des Krieges zu führen. Im November 1995 gelang es, das Abkommen von Dayton (im US-Staat Ohio) zu vereinbaren. Der Friedensplan, der im Dezember in Paris unterzeichnet wurde, sah die Bildung eines multiethnischen Staates Bosnien-Herzegowina aus zwei Teilstaaten in anerkannten Grenzen vor – die Bosniakisch-Kroatische Föderation und die Serbische Republik – mit einer demokratischen Regierung.

Internationale Kontrolle

Gleichzeitig wurde eine internationale militärische und zivile Kontrolle des Landes vereinbart, die bis heute anhält. Am 14. Dezember 1995 trat der erste Hohe Repräsentant der Vereinten Nationen sein Amt an. Der UNO-Vertreter hat bis heute weitreichende Vollmachten, um die Einhaltung des Dayton-Abkommens sicherzustellen.

Im Dezember 1995 rückten ferner die ersten Einheiten der unter NATO-Kommando stehenden und bis zu 60.000 Mann starken internationalen Friedenstruppe IFOR  in Bosnien ein. Seit 2004 ist die EUFOR, eine etwa 1.500 Soldaten umfassende Truppe der EU, für die Stabilisierung der Lage zuständig.

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Die Teilrepublik Serbien bestand 1998 aus den beiden autonomen Provinzen Kosovo und Wojwodina, die begrenzte Selbstverwaltungsrechte genossen. In der serbischen Provinz Kosovo kam es 1998 zu radikalen Unabhängigkeitsbestrebungen von Kosovo-Albanern (ungefähr 80 Prozent der Bevölkerung waren albanischer Herkunft). Schon seit Jahren hatte der serbische Präsident Slobodan Milosevic die Autonomie der Provinz Kosovo aufgehoben und Albaner aus fast allen Behörden verdrängt.

Bereits 1994 hatten die Albaner die Kosovo-Befreiungsarmee UCK gegründet, die mit Waffengewalt für die Unabhängigkeit des Kosovo kämpfte. 1998 strömten junge Männer in Scharen in die UCK, die zu einer schlagkräftigen Befreiungsarmee heranwuchs. Bei einem Angriff im Sommer 1998 eroberte die UCK ein Drittel des Kosovo. Die jugoslawische Armee mit den serbischen Truppen schlug hart zurück; es herrschte Bürgerkrieg mit Tausenden Toten. Zehntausende Albaner mussten fliehen. Erst gut ein Jahr später, im Juni 1999, nahm der Krieg nach einem monatelangen NATO-Kampfeinsatz ein Ende.

NATO-Einsatz und Friedensplan

Nachdem Waffenstillstandsvereinbarungen nicht eingehalten wurden, die Friedensbemühungen der Kosovo-Konferenz in Rambouillet scheiterten (Milosevic hatte den Friedensvertrag nicht unterzeichnet) und es fortwährend zu brutalen Massakern gekommen war, entschloss sich die NATO schließlich zum Eingreifen, um die Vertreibung und Ermordung der albanischen Bevölkerung zu stoppen. 

Am 24. März 1999 begannen NATO-Streitkräfte, das Gebiet mit Luftanschlägen zu bombardieren. Man kann tatsächlich von einem Krieg der NATO sprechen, denn es handelte sich nicht nur um eine Operation. Außerdem erfolgte der Einsatz ohne UNO-Mandat. Ein solches ist laut Vereinbarungen nur gerechtfertigt, wenn ein Mitgliedsland angegriffen und so der Bündnisfall der NATO ausgelöst wird. Zwischen 12.000 und 15.000 Menschen kamen bei dem bis 12. Juni 1999 andauernden NATO-Kampfeinsatz ums Leben. Ungefähr 500 Zivilisten wurden Opfer der Luftschläge – versehentlich, denn eigentlich sollten nur militärische Ziele getroffen werden. Völkerrechtlich ist die NATO-Intervention bis heute umstritten.

Im Juni 1999 akzeptierten die Serben schließlich den Friedensplan der Vereinten Nationen und zogen die Truppen aus dem Kosovo zurück, der seither von der UN-Truppen KFOR (Kosovo Force) kontrolliert wird, einer multinationalen militärischen Formation unter der Leitung der NATO. Aktuell  wird die KFOR-Truppe von 27 Staaten gestellt und umfasst über 3.000 Soldaten.

Protektorat der UN

Nach dem Krieg wurde der Kosovo unter das Protektorat der Vereinten Nationen gestellt. Für Verwaltungsaufgaben und weitere technische Fragen war fortan die von der UN gebildete „United Nations Interim Administration Mission” in Kosovo (UNMIK) verantwortlich.

2005 beschloss die UN, dass Verhandlungen über die Statusfrage des Kosovo aufgenommen wurden. Die sog. „Kosovo-Troika“ aus Europäischer Union, den USA und Russland vermittelte zwischen den Kosovo-Albanern und Serbien. Der ehemalige finnische Staatspräsident Martti Ahtisaari leitete die Verhandlungen. Ein Jahr später stellte er seinen „Ahtisaari-Plan“ vor, wonach es sich um eine international überwachte Unabhängigkeit handeln sollte.

Unabhängigkeit und EU-Perspektive

Schließlich wurde im Februar 2008 die unabhängige Republik Kosovo vom kosovarischen Parlament ausgerufen. Seitdem haben 115 der 193 Mitgliedstaaten der Vereinten Nationen die Republik anerkannt. Am 4.2.2008 wurde durch den Rat der EU eine Rechtstaatlichkeitsmission (EULEX Kosovo) beschlossen, die die Aufgaben der von den UN geführten UNMIK-Mission übernehmen sollte, und zwar in den Bereichen Rechtsstaatlichkeit, Bekämpfung von Korruption und organisierter Kriminalität, Verfolgung von Kriegsverbrechen und interethnische Gewalttaten sowie Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung. An dieser zivilen Mission nehmen seitens der EU insgesamt rund 500 Experten teil.

Das Land zählt seither – wie auch die restlichen Balkanländer – zu den potenziellen Beitrittskandidaten der EU. Allerdings hat das Land noch keinen Beitrittsantrag eingereicht. Die Perspektive, in der Annäherung an die EU einen Schritt weiter zu kommen, hängt von der weiteren Entwicklung der Beziehungen Kosovos mit Serbien ab. Erst wenn sich diese Beziehungen umfassend normalisiert und geklärt haben, ist perspektivisch der EU-Beitritt sowohl für Serbien als auch für den Kosovo möglich.

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Durch einen Beschluss des UNO-Sicherheitsrats wurde 1993 der Internationale Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien geschaffen. Das Kriegsverbrechertribunal ist für Verbrechen zuständig, die dort nach dem 1. Januar 1991 verübt wurden.

Die Liste der Anklagepunkte ist lang. Sie reicht von Folter, Vergewaltigungen, Aufschlitzen von Schwangeren und Sprengattacken auf Beerdigungen bis hin zu grausamen Hinrichtungen und Massakern, die im Zuge der „ethnischen Säuberungen” begangen wurden.

Im Zusammenhang mit dem Kosovokrieg wurde der serbische Präsident Slobodan Milosevic 1999 als erstes Staatsoberhaupt noch während seiner Amtsausübung vor dem Kriegsverbrechertribunal angeklagt. Das vielleicht wichtigste Verfahren vor dem Gerichtshof konnte jedoch nie zu Ende geführt werden: Milosevic starb 2006 in seiner Zelle. Die Anklage warf ihm vor, während der Kriege in Kroatien, Bosnien und im Kosovo Kriegsverbrechen, Völkermord und Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben.

Radovan Karadzic, politisches Oberhaupt der bosnischen Serben, wurde im März 2016 in erster Instanz zu 40 Jahren Haft verurteilt. Das Tribunal befand ihn unter anderem des Völkermords im Zusammenhang mit dem Massaker von Srebrenica für schuldig; Karadzic ist in Berufung gegangen.

Ratko Mladic, der frühere Militärchef der bosnischen Serben, wurde ebenfalls wegen Völkermords, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt – unter anderem im Zusammenhang mit dem Massaker von Srebrenica und der Belagerung von Sarajevo. Der Prozess startete bereits im Juni 2011. Zu einem Urteil kam es im Jahr 2017, wegen seiner Verantwortung für das Massaker von Srebrenica sowie weiterer Kriegsverbrechen im Bosnien-Krieg wurde er zu lebenslanger Haft verurteilt. Mladic hatte jedoch dagegen Berufung eingelegt. Im Juni  2021 bestätigte das UN-Tribunal die Verurteilung zu lebenslanger Haft..

Insgesamt kam es im Laufe der vergangenen drei Jahrzehnte zu insgesamt 161 Anklagen vor dem Kriegsverbrechertribunal. In 84 Fällen kam es auch zu einer Verurteilung. Ratkot Mladic war der letzte Fall, der verhandelt wurde. Damit ist die Arbeit des Tribunals abgeschlossen.

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Wenn Kriege und gewaltsame Konflikte beendet werden, beginnt die neue Herausforderung, wie der Frieden erhalten bleiben kann und nach Möglichkeit demokratische Systeme Etablierung finden. Die entscheidende Frage längerfristig ist dabei auch, inwieweit die Vergangenheit aufgearbeitet werden kann und die Bevölkerungsgruppen zu einer tatsächlichen Versöhnung bereit sind.

Um die Friedensordnung nach den Kriegen auf dem Balkan zu erhalten, wurde bereits unmittelbar vor dem  Ende  der Kriege im Juni 1999 der  „Stabilitätspakt für Südosteuropa“ beschlossen. Die bisher vor allem bilaterale und reaktive Politik der EU sollte in einen umfassenden Ansatz integriert werden, um nunmehr präventiv die regionalen Konflikte an der Wurzel anzugehen. Mit dem Stabilitätspakt sollten ungelöste Grenz- und Minderheitenfragen, wirtschaftliche Rückständigkeit, Defizite bei der Demokratisierung und beim Aufbau ziviler Gesellschaften, hohe Gewaltbereitschaft und geringe Akzeptanz von Mechanismen friedlicher Konfliktregelung sowie unterentwickelte Strukturen regionaler Kooperation angegangen werden.

Zentrale Zielvorstellung des Konzepts war die Absicht, den Balkanstaaten langfristig  die Mitgliedschaft in der Europäischen Union und in der NATO anzubieten, um das Gewaltpotenzial in der Region zu minimieren. Doch der Weg zu einer Friedenszone ist steinig, Übergangsphasen zur Demokratie sind keine linearen Prozesse, sondern nicht selten von Rückfällen geprägt. Um diese möglichst im Keim zu ersticken und jene Kräfte zu fördern, die bereit sind, sich auf demokratische Spielregeln einzulassen, kann das Engagement von dritten Parteien hilfreich sein. Im  Konzept des  Stabilitätspaktes übernehmen zwei  Institutionen  die „Patenschaft” der angestrebten Entwicklung, die Europäische Union und die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa. Sie sollten die Übergangsprobleme abfedern und Ansporn sein, den Übergang  vom Sozialismus  zu  Kapitalismus  und  Demokratie vollends zu bewerkstelligen mit dem letztendlichen Ziel, eine Vollmitgliedschaft in der EU zu erlangen (vgl. Berthold Meyer und Peter Schlotter: Die Nachkriegsordnung auf dem Balkan – Perspektiven und Probleme des „Stabilitätspaktes”).

Wie sah die Nachkriegsordnung auf dem Balkan aus?

Eine Nachkriegsordnung weist den Konfliktparteien dauerhafte Rechte, Pflichten und  Einflussmöglichkeiten  zu und spiegelt wieder, inwiefern die Konfliktparteien die eigenen Anliegen durchsetzen  konnten. Die Regelungen zentraler Streitpunkte, die Beteiligung der Konfliktparteien an der Regierungsmacht und auch die jeweiligen  militärischen Fähigkeiten der früheren Kriegsparteien, verleihen einer Nachkriegsordnung ihre Grundzüge. Eine wichtige Rolle spielt dabei auch, ob Kriege mit einem  Sieg, Waffenstillstand  oder Friedensabkommen  ein Ende nahmen. 

Betrachtet man den Krieg in Slowenien, so wurde dieser mit der Vereinbarung eines Waffenstillstandes beendet. Das Friedensabkommen von Brioni im Juli 1991 eröffnete einen friedlichen Weg aus den Konflikten. Es legte die Einstellung der Kämpfe in Slowenien und den Rückzug der Jugoslawischen Volksarmee vom slowenischen Territorium fest.

Auch nach dem Krieg in Kroatien  kam es letztendlich zu einem stabilen Frieden, nachdem Kroatien über die international isolierte Republika Srpska  Krajina auf dem Territorium Kroatiens gesiegt hatte. Mit dem„Abkommen von Erdut“ war im November 1995 der Krieg beendet.

Die Auseinandersetzungen Bosnien und Herzegowinas mit den Truppen der ausgerufenen Republika  Srpska sowie auch mit den kroatischen Verbänden endeten letztendlich ebenfalls mit einem Friedensabkommen. Im November 1995 wurde das von den USA erzwungene und vermittelte Abkommen von Dayton unterzeichnet. Bosnien und Herzegowina – wie es seitdem heißt – setzt sich aus zwei Teilrepubliken (Entitäten) zusammen: der überwiegend von bosnischen Serben bewohnten Republika Srpska und der bosniakisch-kroatischen Föderation. Das Land ist durch die Machtkämpfe konkurrierender ethnopolitischer Parteien bis heute tief gespalten. Eine internationale militärische und zivile Kontrolle begleitete das Land in der Nachkriegskonsolidierung, mit der EU-Mission EUFOR hält diese bis heute an.
Mit der im Dezember 2021 nach einer Abstimmung beschlossenen Abspaltung der serbischen Teilrepublik Srpska  würde der Friedensvertrag von Dayton aus dem Jahr 1995 zunichte gemacht und die Instabilität der Region forciert. Stefan Goranovi´c von Euronews Serbia bewertet die Entwicklung als destabilisierend:  „Obwohl es sehr unwahrscheinlich ist, dass die angekündigten Änderungen in absehbarer Zeit auch umgesetzt werden, die derzeitige Rhetorik und die Maßnahmen der Republika Srpska könnten Bosnien in eine noch tiefere Krise stürzen.”

Was den Kosovo anbelangt endete 1999 der Krieg auf ungewöhnliche Weise. An die Stelle eines Friedensabkommens trat eine Resolution des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen sowie separat mit den Konfliktparteien geschlossene Vereinbarungen. Das Konfliktpotenzial ist weiterhin groß. Die albanische Mehrheit und die serbische Minderheit stehen sich nach wie vor feindlich gegenüber. Die ungeklärte staats- und völkerrechtliche Zukunft des  Kosovo stellt bis heute ein zentrales Problem dar. Insbesondere die Nichtanerkennung der Unabhängigkeit des Kosovos seitens Serbiens steht einer Friedensordnung in der Region nachhaltig im Wege. Auch im Kosovo überwacht bis heute die UN-Friedenstruppe KFOR  die fragile Nachkriegsordnung (vgl. Thorsten Gromes: Die Nachkriegsordnungen in Südosteuropa im regionalen und weltweiten Vergleich)

Drei Jahrzehnte nach dem Zerfall des Vielvölkerstaates Jugoslawien ist seit Frühjahr 2021 ein Non-Paper mit dem Titel „Westbalkan – ein Weg nach vorn“ im Umlauf. Das inoffizielle und unsignierte diplomatische Diskussionspapier schlägt vor, den Westbalkan neu zu ordnen. Die gesamte Nachkriegsordnung in Südosteuropa soll demnach aufgehoben und nach ethnischen Prinzipien neu strukturiert werden.

Im Papier ist die Rede von „Lösungen”, nach denen die Bildung „ethnisch reiner” Nationalstaaten die Krisen auf dem Westbalkan entschärfen und beenden soll. Die Neuordnung würde das „Chaos” mit Minderheitenrechten, Institutionen und demokratischen Abstimmungsprozessen überflüssig machen. Das Konzept der Nachkriegsordnung sieht hingegen die Unantastbarkeit der vorherrschenden Grenzen in der Region vor. Jedes einzelne Land soll darin demokratische Strukturen ausbilden, in denen auch ethnische Minderheiten Platz haben.

Was sieht das Non-Paper konkret vor?

Das Papier schlägt vor, auf dem Westbalkan drei neue Großstaaten zu schaffen: Die „Vereinigung von Kosovo und Albanien” zu Groß-Albanien sowie die „Vereinigung des größeren Teils der Republika Srpska mit Serbien” zu Groß-Serbien. Mit dem größeren Teil der Republik Srpska ist der serbisch dominierte Teil Bosnien-Herzegowinas gemeint. Ferner könne „die kroatische nationale Frage gelöst werden”  indem ein Groß-Kroatien geschaffen werde. Entweder sollen dabei „die vorwiegend kroatischen Kantone in Bosnien-Herzegowina mit Kroatien vereinigt” werden oder aber soll „dem kroatischen Teil” des Landes ein „Sonderstatus” verliehen werden. Die bosnischen Muslime, die sich seit 1993 „Bosniaken” nennen, sollen laut dem Plan „einen unabhängig funktionierenden Staat” bekommen und „die volle Verantwortung für ihn” übernehmen. Sie sollten sich dann in einem Referendum entscheiden, ob die Zukunft in der EU oder eher in einer Hinwendung zur Türkei liege.

Von wem stammt das Papier?

Das Papier soll angeblich vom slowenischen Ministerpräsidenten Janez Jansa oder Personen aus seinem engsten Umfeld verfasst worden sein. Slowenien übernahm am 1. Juli 2021 die EU-Ratspräsidentschaft. Im Vorfeld ist es EU-Brauch, in Brüssel schon einmal grob seine Leitlinien für die kommende Ratspräsidentschaft zu definieren. Premier Jansa definierte das Thema Balkan als einen Schwerpunkt. In dem Zuge soll das Papier Ratspräsident Charles Michel sowie einigen europäischen Regierungschefs übermittelt worden sein.

Jansa hat bereits bestritten, das Dokument verfasst zu haben. Die Existenz des Dokuments streitet er jedoch nicht ausdrücklich ab. Sein Büro teilte auf EURACTIV-Anfrage mit, man werde die Angelegenheit „nicht weiter kommentieren“. Und das Büro von EU-Ratspräsident Charles Michel wollte nicht ausdrücklich dementieren, das Non-Paper erhalten zu haben.

Ein Teil des Textes soll laut der slowenischen Investigativplattform Necenzurirano (sie veröffentlichte das Papier Mitte April 2021) zudem in Budapest geschrieben worden sein. Jansa ist sowohl politisch-ideologisch als auch wirtschaftlich eng mit Viktor Orbán, dem Premier von Ungarn, verbunden. In den Medien wird ferner darüber spekuliert, dass jenseits von Orbán auch die Regierung Serbiens ein Interesse an der Verbreitung des Non-Papers haben könnte.

Reaktionen

Die Inhalte des Papiers zogen weite Kreise und sorgten sowohl in der Region als auch international für Aufregung. Balkanexperten sind in Sorge und fürchten eine Wiederkehr der militärischen Konflikte aus den 1990er Jahren, sollten diese Ideen weiterverfolgt werden.

Das slowenische Außenministerium gibt an, keine Ahnung von der Existenz des Non-Papers zu haben, das angeblich von Janša stammen soll. Außenminister Anze Logar meinte, dass sich die Strategie Sloweniens gegenüber dem westlichen Balkan nicht geändert habe. Die bosnische Außenministerin Bisera Turkovic spricht von  „bösartiger Propaganda” und meint: „Ich bin überzeugt, dass keine ernsthafte Person innerhalb der EU für die Idee sein kann, die Integrität eines Landes zu bedrohen, selbst wenn rückständige Kräfte in Bosnien-Herzegowina versuchen, die Idee der Teilung als legitim darzustellen”.

Insbesondere in Bosnien und Herzegowina reagierte man heftig auf das slowenische Papier. Zeljko Komsic, Mitglied des bosnischen Staatspräsidiums, kritisierte den mit dem Papier propagierten völkischen Nationalismus scharf: „Dieses Papier, diese Politik, alles, was diese Ideen hervorbringt, ist heute in einigen europäischen Ländern leider an der Macht und tief im Inneren durch Muslimenfeindlichkeit und Antisemitismus motiviert.”

Auch Nordmazedoniens stellvertretender Premierminister Nikola Dimitro meldete sich zu Wort, dessen Land von den vorgeschlagenen Grenzänderungen ebenfalls betroffen wäre. Er nannte das vorgeschlagene Konzept „gefährlich“: „Die einzig richtige strategische Antwort auf diese Debatten wäre es, die europäische Integration der Region zu stärken und sichtbar voranzubringen. Wir dürfen uns nicht darauf konzentrieren, größere Staaten zu schaffen, sondern darauf, große europäische Demokratien und große Volkswirtschaften in der Region zu schaffen. Das gefühlte Verblassen der EU-Perspektive des Balkans in den vergangenen Jahren könnte tatsächlich etwas mit der aktuellen Wiedergeburt dieser gegenläufigen Vision zu tun haben“, so Dimitro.

Auch Deutschlands damaliger  Bundesaußenminister Heiko Maas lehnte bei einem Besuch im Kosovo den Gedanken vehement ab: „Die Vorstellung, man könnte komplexe soziale und politische Fragen mit neuen Strichen auf der Landkarte lösen, halten wir nicht nur für unrealistisch, sondern auch für brandgefährlich.“ Er sei deshalb froh, „dass der jüngste Vorstoß in diese Richtung – von wem auch immer er kommen mag – schnell wieder in die Schublade und hoffentlich auch endgültig in den historischen Reißwolf verfügt wurde“.

Kaum je hat ein inoffizielles Dokument bezüglich der Westbalkan-Region derart hohe Wellen geschlagen. Die G7-Außenminister verurteilten Anfang Mai in einer Resolution sämtliche „Spekulationen über ethnische Grenzziehungen”. Europäische Diplomaten äußerten sich mit deutlichen Bekenntnissen zum Status quo auf dem Westbalkan. Der Westbalkan-Experte Dusan Reljic von der Stiftung Wissenschaft und Politik erklärt die Aufregung mit einer zunehmenden allgemeinen Atmosphäre der Nervosität in Südosteuropa. „Das liegt daran, dass sich die Verhältnisse in der Region seit Jahren verschlechtern, von der Qualität der Demokratie und der Rechtsstaatlichkeit bis hin zu den sozialen Lebensverhältnissen. Die Region erlebt einen Prozess des Rückfalls und der politischen Verwerfungen”, so Experte Reljic gegenüber dem SPIEGEL. Auch Jahre nach dem Ende der Kriege in der Region konnte sich das Konzept einer demokratischen Bürgergesellschaft in den Westbalkan-Staaten nicht durchsetzen. Und wirtschaftlich gesehen ist die Region das Armenhaus Europas. Hinzu kam das Desinteresse der EU an der Region, die nach den zunächst geäußerten Beitrittsperspektiven in den Folgejahren ihr Engagement im Hinblick auf eine wirkliche EU-Integration drosselte.

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Die Länder des Westlichen Balkans befinden sich auf ihrem Weg in Richtung EU in verschiedenen Stadien der Beitrittsreife. Der Annährungsprozess an die EU erfolgt in einem sehr unterschiedlichen Tempo und verläuft insgesamt recht schleppend. Die seit Jahren zurückhaltende Linie der EU begründet sich mit den schlechten Erfahrungen aus vergangenen Erweiterungsrunden, den zunehmenden Verstößen gegen Prinzipen der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie sowie der Aufnahmefähigkeit der EU an sich, die sich zuvor reformieren müsse, um bereit zu sein für weitere Integrationsschritte.

Von den Nachfolgestaaten Jugoslawiens haben Slowenien und Kroatien bereits 2004 und 2013 den Sprung in die EU geschafft. Was die verbliebenen Länder des Westlichen Balkans anbelangt,  haben Albanien, Nordmazedonien, Montenegro und Serbien in den Jahren 2005, 2006 und 2009 ihre Beitrittsanträge eingereicht. Alle vier Länder haben in den folgenden Jahren den Status eines Beitrittskandidaten erreicht. Wobei Montenegro und Serbien bereits mitten in den Verhandlungen stecken,  Albanien und Nordmazedonien müssen noch auf den Start von Beitrittsverhandlungen warten.

Bosnien und Herzegowina stellte schließlich 2016 seinen Beitrittsantrag. Das Land gilt nun als potenzieller Beitrittskandidat. Auch Kosovo ist mittlerweile potenzieller Beitrittskandidat, wenngleich das Land noch keinen offiziellen Antrag auf EU-Beitritt gestellt hat. Die EU hat ihrerseits aber bereits eine zukünftige Aufnahme signalisiert.

Ausführliche Informationen über die EU-Erweiterungspläne und Perspektiven auf dem Westbalkan sowie den jeweiligen Stand der Beitrittskandidaten.

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