Was ist der unterschied zwischen lohnpfändung und kontopfändung

Wer seine Schulden nicht zahlt, riskiert, dass der Gläubiger sie direkt beim Arbeitgeber eintreibt. Das kann unangenehm sein, denn wer möchte schon, dass gerade der Arbeitgeber von den eigenen Schulden erfährt. In einer solchen Lage ist es wichtig zu wissen, wie eine Lohnpfändung abläuft, was Dir zum Lebensunterhalt bleibt und wie Du den Freibetrag vielleicht erhöhen kannst.

Wie funktioniert eine Lohnpfändung?

Lohnpfändungen sind nicht selten. Denn das Arbeitseinkommen stellt bei vielen Schuldnern die einzige Einkommens- oder Vermögensquelle dar. Außerdem können Gläubiger relativ leicht feststellen, ob der Schuldner arbeitet.

Laut Gesetz dürfen Gläubiger direkt beim Arbeitgeber pfänden. Es handelt sich dabei um eine besondere Form der Zwangsvollstreckung (§§ 850 ff. ZPO). Der Arbeitgeber des Schuldners wird zum sogenannten Drittschuldner des Gläubigers (§ 840 ZPO).

Der Gläubiger, der das Girokonto eines Schuldners pfändet, hat gegenüber der Lohnpfändung das Nachsehen. Denn der Arbeitgeber überweist nur noch die nicht pfändbaren Einkommensbestandteile auf das Konto des Schuldners. Oft hat der Schuldner das Konto ohnehin bereits in ein Pfän­dungs­schutz­kon­to umgewandelt. Das ist ein guter Weg, um eine Kontosperre zu verhindern. Was Du dabei beachten solltest, kannst Du im Ratgeber P-Konto nachlesen.

Was bleibt bei einer Lohnpfändung übrig?

Pfändbar ist das Nettoeinkommen, also das, was nach dem Abzug von Beiträgen zur Kran­ken­kas­se, zur gesetzlichen Renten- und Arbeitslosenversicherung und der Lohnsteuer übrig bleibt. Gläubiger können aber nicht das ganze Gehalt pfänden; es bleibt Dir ein bestimmtes Mindesteinkommen, damit Du Deinen Lebensunterhalt weiter bestreiten kannst – wenn auch mit größeren Einschränkungen.

Was Dir Dein Arbeitgeber nach der Pfändung auszahlt, richtet sich nach der Anzahl der unterhaltsberechtigten Personen, für die Du tatsächlich Unterhalt zahlst. Bist Du verheiratet, dann zählt Dein Ehepartner immer als unterhaltsberechtigte Person, auch wenn er selbst genug verdient.

Die Höhe der pfändbaren Beträge ergibt sich aus der sogenannten Pfändungstabelle. Die wird regelmäßig aktualisiert, zuletzt mit Wirkung zum 1. Juli 2021. Diese Schuldnerschutzvorschrift dient dazu, Dir und Deiner Familie die Existenz weiter zu sichern, aber ermöglicht dem Gläubiger auch Zugriff auf weiteres Einkommen.

Seit 1. Juli 2021 beläuft sich der Freibetrag auf rund 1.253 Euro. Neu: Ab 1. Juli 2022 steigt der Freibetrag auf 1.330 Euro. Der Grundfreibetrag erhöht sich, wenn Du als Schuldner für unterhaltsberechtigte Personen aufkommen musst. Er liegt zum Beispiel bei einer unterhaltsberechtigten Person bei rund 1.730 Euro (ab 1. Juli 2022: 1.840 Euro), bei einer Unterhaltspflicht gegenüber zwei Personen bei rund 1.990 Euro (ab 1. Juli 2022: 2.110 Euro).

Geld- und Naturalleistungen, die Du neben Deinem Lohn bekommst, müssen zusammengerechnet werden (§ 850e ZPO). Wenn Du vom Arbeitgeber zum Beispiel freie Unterkunft und Verpflegung bekommst oder einen Dienstwagen hast, den Du auch privat nutzen darfst, wird das umgerechnet und zu Deinem pfändbaren Einkommen hinzugezählt.

Wie läuft eine Lohnpfändung ab?

Ein Gläubiger kann nur dann Dein Gehalt pfänden, wenn er über Deine Schulden einen vollstreckbaren Titel gegen Dich hat. Das kann ein Urteil sein oder ein Voll­stre­ckungs­be­scheid. Dann benötigt Dein Gläubiger noch die Adresse Deines Arbeitgebers.

Mit diesen Angaben kann er bei Gericht beantragen, dass Dein Lohn direkt beim Arbeitgeber gepfändet wird. Er stellt dazu einen Antrag auf Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses. Das Formular für den Antrag findet sich auf der Website des Bundesjustizministeriums.

Nachdem das Gericht einen entsprechenden Beschluss erlassen hat, kann der Gläubiger einen Gerichtsvollzieher beauftragen, den Beschluss an Deinen Arbeitgeber zuzustellen. In dem Beschluss steht klar, dass Dein Arbeitgeber die gepfändete Forderung nicht mehr in voller Höhe an Dich auszahlen darf.

Innerhalb von zwei Wochen nach Zustellung des Pfändungsbeschlusses muss der Arbeitgeber dem Gläubiger eine sogenannte Drittschuldnererklärung zuschicken. Er muss erklären, ob er zur Zahlung bereit ist, ob noch andere Personen Ansprüche auf das Arbeitseinkommen des Schuldners erheben und ob bereits andere Pfändungen vorliegen (§ 840 ZPO).

Dann muss der Arbeitgeber ausrechnen, was er dem Arbeitnehmer noch überweisen darf und welcher Betrag übrig bleibt, den er an den Gläubiger des Mitarbeiters zahlen muss. Bei Fragen rund um die Berechnung kann sich der Arbeitgeber an das Vollstreckungsgericht wenden, das den Vollstreckungsbeschluss erlassen hat. Wichtig ist, dass der Arbeitgeber dabei richtig rechnet. Setzt er den pfändbaren Teil zu hoch an, macht er sich gegenüber dem Arbeitnehmer schadensersatzpflichtig. Überweist er dem Gläubiger zu wenig, kann dieser Schadensersatz verlangen.

Liegen mehrere Pfändungen verschiedener Gläubiger vor, muss der Arbeitgeber diese in der Reihenfolge ihrer Zustellung bedienen (§ 804 Abs. 3 ZPO). Ist die erste bezahlt, nimmt der Arbeitgeber die Tilgung der nächsten Forderung auf. Meist lässt sich der Arbeitgeber vom Gläubiger bestätigen, dass sich eine Pfändung erledigt hat.

Wichtig: Wachsen Dir die Schulden über den Kopf, solltest Du Dich beraten lassen. Es gibt die Möglichkeit, Verbraucher­insolvenz zu beantragen. Dann darf der Arbeitgeber die Lohnpfändung nicht mehr bedienen. Die Pfändung wird unwirksam. Denn der pfändbare Teil des Arbeitseinkommens gehört dann zur Insolvenzmasse.

Was darf nicht gepfändet werden?

Bestimmte Einkommensbestandteile sind nicht pfändbar, zum Beispiel Aufwandsentschädigungen, Erziehungsgelder und Studienbeihilfen (§ 850a ZPO). Zulagen für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit sind Erschwerniszulagen und damit auch unpfändbar. Anders sieht es bei Zulagen für Schichtarbeit oder Arbeit am Samstag aus (BAG, Urteil vom 23. August 2017, Az. 10 AZR 859/16).

Die monatlichen Beiträge für eine betriebliche Altersvorsorge (bAV) dürfen nicht gepfändet werden (BAG, Urteil vom 14. Oktober 2021, Az. 8 AZR 96/20). Wer also über die sogenannte Entgeltumwandlung monatlich direkt vom Gehalt für die Rente spart, ist vor einer Pfändung geschützt. Das gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit der betrieblichen Altersvorsorge beginnt.

Sicher vor der Zwangsvollstreckung sind zumindest die gesetzlich vorgesehenen Beiträge von bis zu 4 Prozent der Bei­trags­be­messungs­grenze (§ 1a BetrAVG). Weitere Informationen und Tipps zur bAV findest Du in unserem Ratgeber Betriebliche Altersvorsorge.

Andere Bezüge sind nur bedingt pfändbar (§ 850b ZPO). Urlaubsgeld, Sonderzahlungen für Betriebsjubiläen und Überstundenvergütungen sind nur bis zu Hälfte pfändbar.

Sonderregelungen gelten, wenn Unterhaltsansprüche vollstreckt werden sollen (§ 850d ZPO).

Wie kannst Du den Pfändungsfreibetrag erhöhen?

Falls das, was nach der Pfändung übrig bleibt, für Deinen Lebensunterhalt nicht reicht, kannst Du beim Vollstreckungsgericht einen Antrag auf Heraufsetzung des unpfändbaren Betrags stellen, zum Beispiel wegen besonderer Bedürfnisse aus persönlichen oder beruflichen Gründen.

Möglich ist das, wenn Du besonders hohe Unterhaltspflichten zu erfüllen hast oder wenn Du zum Beispiel Mehrkosten wegen einer Krankheit nachweisen kannst. Das funktioniert allerdings nur, wenn es keine überwiegenden Belange des Gläubigers gibt (§ 850f ZPO).

Eine Erhöhung des Pfändungsfreibetrags kannst Du auch wegen beruflicher Mehraufwendungen beantragen. Gute Chancen bei Gericht hast Du, wenn Du zum Beispiel hohe Fahrtkosten aufgrund einer langen Fahrstrecke von mehr als 20 km zur Arbeit nachweisen kannst. Dann kannst Du 20 Cent pro gefahrenen Kilometer ansetzen. Die Kosten dürfen allerdings nicht höher sein als die Kosten für den öffentlichen Nahverkehr (LG Mühlhausen, Beschluss vom 3. Juni 2016, Az. 1 T 37/16). Einige Gerichte erkennen eine außergewöhnliche Belastung erst ab einer Wegstrecke von 30 km an (AG Zeitz, Beschluss vom 6. Mai 2019, Az. 5 M 1474/16). Für den Antrag brauchst Du keinen Rechtsanwalt.

In Ausnahmefällen kann der Schuldner sogar die Aufhebung oder einstweilige Einstellung der Zwangsvollstreckung vorschlagen, wenn die Pfändung eine Härte bedeutet, die mit den guten Sitten nicht vereinbar ist (§ 765a ZPO).

Darf der Arbeitgeber Gebühren für Pfändungen verlangen?

Eine Lohnpfändung bedeutet für Arbeitgeber nur Aufwand und Kosten. Mit einer Betriebsvereinbarung darf er keine Kostenpauschale für die Bearbeitung von Pfändungen einführen. Das ist unzulässig (BAG, Urteil vom 18. Juli 2006, Az. 1 AZR 578/05).

In vielen Arbeitsverträgen stehen allerdings noch Regelungen, wonach der Arbeitnehmer für die Bearbeitung der Pfändung eine Kostenpauschale zahlen muss. Solche Klauseln dürften unwirksam sein. Der Arbeitgeber verlangt Gebühren für Arbeiten, zu denen er gesetzlich verpflichtet ist. Diese darf er nicht auf den Arbeitnehmer abwälzen. Weitere Informationen zu unzulässigen Klauseln in Arbeitsverträgen findest Du im Ratgeber Arbeits­vertrag.